Wenn eine Krankenkasse nicht innerhalb von drei Wochen über einen Antrag entscheidet (und auch keine Hinderungsgründe mitteilt), dann kann es sein, dass die beantragte Leistung damit als genehmigt gilt (§ 13 Abs. 3a SGB V)! Das hat das Bundessozialgericht aktuell wieder in einem Fall bestätigt (Urteil vom 11.7.2017, Az. B 1 KR 26/16 R). Für einen Antrag des Versicherten reiche es aus, wenn darin das Behandlungsziel – hier ging es um eine Operation wegen Adipositas – klar ist. Die telefonische Anforderung von Unterlagen bei der klagenden Versicherten erfülle nicht die gesetzlich geforderte Schriftform für die Mitteilung von Hinderungsgründen. Das wäre aber Voraussetzung, wenn die Kasse die Genehmigungsfiktion verhindern will. Auch erfolgte keine taggenaue Fristverlängerung.
Krankenversicherungsrecht
Bundesverfassungsgericht: Kein Anspruch auf Krankenversorgung aus dem Grundgesetz
Eine Frau leidet unter einer seltenen Autoimmunerkrankung. Ihre Kasse lehnte den Antrag auf Übernahme der Kosten für eine intravenöse Immunglobulintherapie ab. Die Voraussetzungen für einen sogenannten „Off-Label-Use“ (zulassungsüberschreitende Anwendung) lägen nicht vor. Auch das Bundesverfassungsgericht konnte der Frau nicht helfen (Beschluss vom 11.4.2017, Az. 1 BvR 452/17): Für einen Anspruch auf Krankenversorgung, der unmittelbar auf die Verfassung gestützt wird, sei eine individuelle Notlage und nahe Lebensgefahr erforderlich. Das läge hier aber nicht vor. Die Frau könne durch ein Notfallset potentiell tödliche Komplikationen hinreichend zuverlässig verhindern.
Mehr Auswahl bei Hilfsmitteln
Ob Hörgerät, Gehhilfen oder Einlagen: Gesetzlich Krankenversicherte können künftig bei Hilfsmittel zwischen mehreren Artikeln wählen. Außerdem wird das Hilfsmittel-Verzeichnis aktualisiert. Dabei spielt die Qualität der Produkte künftig eine größere Rolle. Grundlage für diese Neuerungen ist das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung. Es ist seit 11. April in Kraft.
Pflege erkrankter Verwandter: EU-Kommission will Anspruch auf Sonderurlaub
Nach einem Bericht von aerzteblatt.de will die EU-Kommission die Mindestrechte von Arbeitnehmern stärken. Es soll zukünftig Vaterschaftsurlaub und die flexiblere Planung der Elternzeit geben. Außerdem will die Kommission erstmals Sonderurlaub zur Betreuung erkrankter Familienmitglieder einführen. Wenn direkte Verwandte erkranken, soll der Arbeitnehmer künftig fünf Tage Sonderurlaub beantragen können. Betroffene sollen mindestens so viel wie das Krankengeld erhalten. Anscheinend wird es sich also um (vom Arbeitgeber bezahlten) Sonderurlaub handeln.
Rehabilitation: Versicherte müssen Reha-Einrichtungen nicht die Mehrkosten ersetzen
Gesetzlich Krankenversicherte können eine Rehabilitationseinrichtung grundsätzlich frei wählen. Das kann selbst dann möglich sein, wenn die Behandlung mit Mehrkosten verbunden ist. In der Vergangenheit hatten die Kassen die Reha-Einrichtungen aufgefordert, diese zusätzlichen Kosten direkt mit den Versicherten abzurechnen. Wie aerzteblatt.de nun meldet, ist das laut einer Prüfung des Bundesversicherungsamtes nicht rechtens. Die Versicherten können allenfalls von den Krankenkasse auf den Differenzbetrag in Anspruch genommen werden.
Bundesgerichtshof: Krankenversicherung muss Laser-Operation grundsätzlich übernehmen
Eine private Krankenversicherung hatte es abgelehnt, die Kosten für eine Laser-Operation an den Augen zu übernehmen. Es liege keine Krankheit vor, weil die Fehlsichtigkeit von -3, bzw. -2,75 Dioptrien altersentsprechend normal sei. Außerdem könne die Versicherte darauf verwiesen werden, eine Brille oder Kontaktlinsen zu tragen. Diese Einwände lies der Bundesgerichtshof nicht gelten (Urteil vom 29.3.2017, Az. IV ZR 533/15). Das Landgericht Heidelberg muss jetzt erneut prüfen, ob die durchgeführte Operation eine medizinisch notwendige Heilbehandlung darstellte.