Unterbringung: Erst Information des Betroffenen setzt Beschwerdefrist in Gang

Wird gegen den Willen des Betroffenen eine gerichtliche Unterbringung angeordnet, dann muss das Gericht dem Betroffenen (!) seine Entscheidung übermitteln. Eine Ersatzzustellung an den Betreuer ist nicht ausreichend. Die Folge: Wurde nur der Betreuer informiert, nicht aber der Betroffene, dann beginnt die Beschwerdefrist nicht zu laufen. Der Betroffene kann also noch einige Zeit später Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden (Beschluss vom 16. Juni 2021, Az. XII ZB 358/20). Hier gibt es die Entscheidung im Volltext.

Bewährungsstrafe für Abschiebung der Mutter ins Pflegeheim

Wenn ältere Menschen gegen ihren Willen in ein Pflegeheim abgeschoben werden, so bleibt das häufig ohne Konsequenzen. Das Amtsgericht München hat nun jedoch den Sohn und die Schwiegertochter einer demenziell erkrankten Frau zu Bewährungsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt (22. Juli 2021, Az. 820 Ls 275 Js 118454/20). Diese hatten die ältere Dame in ein Pflegeheim nach Tschechien abgeschoben. Die 92-Jährige war dort in einen extrem schlechten Zustand geraten: Verwahrlosung, Dekubitus und Hämatome. Sie musste von einer Verfahrenspflegerin und einer Betreuerin in einer Hauruckaktion befreit und nach Deutschland zurückgeholt werden. Sieben Monate hatte das Leiden der pflegebedürftigen Frau gedauert. Die Details ergeben sich aus der Pressemitteilung des Amtsgerichts.

Urteil: Maskenverweigerin durfte gekündigt werden

Das Arbeitsgericht Cottbus hat die Kündigung einer Logopädin für rechtens erklärt (Urt. v. 17. Juni 2021, Az. 11 Ca 10390/20). Diese hatte sich strikt geweigert, eine Maske zum Schutz vor COVID-19-Infektionen zu tragen. Die Leitsätze des Gerichts: 1. In einem Dienstleistungsbetrieb, in dem ein physischer Kundenkontakt besteht, kann der Arbeitgeber das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) verpflichtend anordnen. 2. Aus einem Attest zur Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines MNS muss hervorgehen, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund eines MNS zu erwarten sind. 3. Besteht aufgrund einer wirksamen Befreiung von der MNS-Pflicht oder aufgrund der Weigerung des Tragens keine andere Möglichkeit des Einsatzes im Betrieb, ist eine Kündigung i. d. R. gerechtfertigt. Mehr Infos gibt es hier. Das Urteil im Volltext ist im Landesportal von Brandenburg abrufbar.

Kinderkrankenschwester zu 1 Mio. Euro Schmerzensgeld verurteilt

Mit seinem Urteil vom 28. Juni 2021 ging das Landgericht Limburg sogar über den Klageantrag hinaus (Az. 1 O 45/15). Es ist das wohl höchste Schmerzensgeld, das in Deutschland jemals ausgeurteilt wurde. Die Pflegekraft hatte fahrlässig die Aspiration eines einjährigen Kindes provoziert. Darüber hinaus hat sie in der sich anschließenden Notfallsituation falsch reagiert. Unter anderem hat sie das Kind kopfüber geschüttelt. Das mittlerweile 10 Jahre alte Kind ist seither nur partiell empfindungsfähig, kaum zur Kommunikation und erst gar nicht zur Selbstversorgung in der Lage. Aufgrund der Sauerstoffmangelversorgung wird es lebenslang pflegebedürftig und auf fremde Hilfe angewiesen sein. Das Krankenhaus, ein Belegarzt und die Kinderkrankenschwester wurden gesamtschuldnerisch zur Zahlung des Schmerzensgeldes verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Mehr Infos bei Juris.

Kasse muss für Versorgung eines suprapubischen Blasenkatheters zahlen

Es ging um die Versorgung in einer vollstationären Einrichtung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Erbringt ein Pflegedienst dort Leistungen der häuslichen Krankenpflege, dann muss die Krankenkasse die Kosten dafür übernehmen (§ 37 SGB V). Allerdings nicht für „einfachste Maßnahmen“. Das Sozialgericht Stuttgart hält die Versorgung eines suprapubischen Blasenkatheters jedoch nicht für eine „einfachste Maßnahme“ (Urteil vom 23. Juni 2021, Az. S 15 KR 636/20). Unter anderem deswegen, weil bei der Klägerin Entzündungen und symptombehaftete Harnwegsinfekte vorlagen. Also muss die Kasse den Pflegedienst bezahlen. Mehr Infos gibt es bei Juris.

Krankenhaus muss für verloren gegangene Zahnprothese haften

Es kommt in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen nicht eben selten vor, dass Zahnprothesen verschwinden. Das Amtsgericht Nürnberg hat in einem aktuellen Fall nunmehr einem Patienten, dessen Zahnprothese während eines Krankenhausaufenthaltes verloren gegangen war, ein Schmerzensgeld von 500 Euro zugesprochen (Urteil vom 23. Juni 2021, Az. 19 C 867/21). Ebenso wie den Ersatz der Kosten für die Neubeschaffung einer Prothese. Das beklagte Krankenhaus sei im Rahmen des Behandlungsvertrages verpflichtet gewesen, die Zahnprothese ordnungsgemäß aufzubewahren. Außerdem hätte der Kläger nicht zunächst seine Krankenversicherung in Anspruch nehmen müssen. Mehr Infos stehen in der Pressemitteilung des Gerichts.