Unterbringung: Erst Information des Betroffenen setzt Beschwerdefrist in Gang

Wird gegen den Willen des Betroffenen eine gerichtliche Unterbringung angeordnet, dann muss das Gericht dem Betroffenen (!) seine Entscheidung übermitteln. Eine Ersatzzustellung an den Betreuer ist nicht ausreichend. Die Folge: Wurde nur der Betreuer informiert, nicht aber der Betroffene, dann beginnt die Beschwerdefrist nicht zu laufen. Der Betroffene kann also noch einige Zeit später Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden (Beschluss vom 16. Juni 2021, Az. XII ZB 358/20). Hier gibt es die Entscheidung im Volltext.

Patientenverfügung schützt nicht immer vor Zwangsbehandlung

Flur Krankenhaus

RA Thorsten Siefarth - LogoEine Gemeinde in Niedersachsen hatte einen Mann zwangsweise unterbringen lassen, inklusive Zwangsmedikation. Das zuständige Amtsgericht hatte das genehmigt. Der Betroffene berief sich jedoch auf eine Patientenverfügung und legte Beschwerde beim Landgericht Osnabrück ein. In der Patientenverfügung hieß es u.a., er lehne „jede Zwangsbehandlung egal mit welchen als Medikamenten bezeichneten Stoffen“ ab. Außerdem sei die „Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung strikt und verbindlich und unter allen Umständen zu unterbinden.“ Mehr lesen

Hamburg: Bei Fixierungen länger als 30 Minuten muss Gericht entscheiden

RA Thorsten Siefarth - LogoDer Hamburger Senat hat am 30.10.2018 einen Gesetzentwurf verabschiedet. Die neue Regelung: Über Fixierungen zumindest sämtlicher Gliedmaßen, die absehbar länger als eine halbe Stunde dauern, muss ein Richter entscheiden. Das Bundesverfassungsgericht hat vorgegeben, dass dafür täglich zwischen 6 und 21 Uhr ein richterlicher Bereitschaftsdienst zur Verfügung stehen muss. Um die notwendige Reaktionsschnelligkeit an den Gerichten zu garantieren, will der Senat neue Stellen für Richter und Servicekräfte zur Verfügung stellen. Das neue Gesetz soll für Gefangene im Strafvollzug gelten. Und für Menschen mit schwersten psychischen Erkrankungen, die sich in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung befinden.

Strengere Anforderungen für eine Fixierung

RA Thorsten Siefarth - LogoBislang war strittig, ob eine Person, die geschlossen untergebracht ist, ohne weiteres auch fixiert werden darf. Das Bundesverfassungsgericht hat heute entschieden, dass es in einem solchen Fall neben dem Unterbringungsbeschluss eines weiteren richterlichen Beschlusses bedarf (Az. 2 BvR 309/15 u.a.). Zumindest dann, wenn die Fixierung nicht nur kurzfristig ist, also mindestens eine halbe Stunde andauert. Das zuständige Gericht muss die Fixierung möglichst vorab genehmigen, nur ausnahmsweise ist das im Anschluss an die Maßnahme möglich. Das bisher geltende Gesetz in Bayern muss nun bis Juli 2019 um eine entsprechende Regelung ergänzt werden. Krankenhäuser sind ab sofort verpflichtet, fixierte Patienten darauf aufmerksam zu machen, dass sie die Maßnahme bei Gericht nachträglich anfechten können. Mit ihrem Beschluss gaben die Richter der Klage zweier Patienten recht. Der eine war in einer Münchner Klinik acht Stunden lang an Armen, Beinen, Körper und Kopf in einer Sieben-Punkt-Fixierung am Bett gefesselt. Der andere war in einer Klinik in Baden-Württemberg über mehrere Tage hinweg an fünf Punkten fixiert worden.