Tochter holt Medikamente für pflegebedürftige Mutter: Versicherung muss bei Unfall zahlen!

Eine Tochter versorgt ihre Mutter und muss sie dabei von einem Sessel ins Bett transferieren. Als die Mutter wegen Schmerzen laut aufschreit, holt die Tochter zunächst ein schmerzstillendes Medikament. Dabei verunglückt sie auf der Treppe. Die Unfallversicherung will nicht für den Schaden aufkommen. Nach einem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg muss sie aber (20.11.2014, Az. L 6 U 2398/14). Begründung: Auch wenn die Tochter an sich einer krankenpflegerischen Maßnahme nachgegangen ist (Medikament holen), so stand diese doch im Zusammenhang mit der pflegerischen Versorgung (Hilfe beim Zu-Bett-Gehen). Und für diese muss die Unfallversicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 Sozialgesetzbuch VII aufkommen.

Sturz-Urteil aus Görlitz: Heim soll für FSJ’lerin haften

RA Thorsten Siefarth - LogoDie Ärztezeitung online (Autor Thomas Trappe) berichtet über eine Entscheidung des Landgerichts Görlitz (Az. 1 O 453/13). Ein Pflegeheim sei danach zu Schadensersatz in Höhe von 7000 Euro verurteilt worden. Eine FSJ’lerin (Teilnehmerin an Freiwilligem Sozialen Jahr) habe eine Pflegebedürftige nicht ausreichend stützen können. Es läge ein „Organisations- und Überwachungsfehler“ vor, da die „ungelernte Hilfskraft“ nicht die „zur Sturzvermeidung objektiv gebotenen Maßnahmen anwenden konnte“. Das beklagte Deutsche Rote Kreuz Zittau hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Update (17.6.2016): In der Berufung wurde das Urteil des Landgerichts Görlitz vom Oberlandesgericht Dresden aufgehoben (s. mein Beitrag dazu)

Bis zu 15 Minuten in Pflegeheim ohne Aufsicht: keine Pflichtverletzung!

RA Thorsten Siefarth - LogoIm August 2010 wurde die Alzheimer-Patientin wie jeden Tag in den Speisesaal geführt. Nachdem man sie in einen Sessel gesetzt hatte, wurde sie an den Tisch geschoben. Kurze Zeit später bemerkte das Pflegepersonal, dass die Seniorin nicht mehr in ihrem Sessel saß. Sie war in das Treppenhaus gelaufen, dort gestürzt und hatte sich Brüche, u. a. am Halswirbel, zugezogen. Doch das Heim muss nicht für den Sturz haften. Es sei keine Pflichtverletzung, wenn man einen Pflegebedürftigen bis zu 15 Minuten unbeobachtet lässt. Das hat das Landgericht Coburg entschieden (Urteil vom 24.1.2014, Az. 22 O 355/11). Mehr Infos zu dem Fall gibt es in der Pressemitteilung des Gerichts.

Pflegeunternehmen kann sich nicht entlasten: Haftung!

RA Thorsten Siefarth - LogoDas Urteil des Landgerichts Kassel traf ein Krankenhaus. Es gilt aber auch für alle Pflegeunternehmen! Das Urteil sagt: Wenn ein Patient, verursacht durch das Krankenhauspersonal, einen Unfall erleidet, dann haftet in der Regel das Krankenhaus. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn es beweisen kann, dass keine Pflichtverletzung des Pflegepersonals vorliegt. Das ist dem Krankenhaus im konkreten Fall aber nicht gelungen. Mehr lesen