Bundesgerichtshof: Einwilligungsvorbehalt auch bei Geschäftsunfähigkeit möglich

RA Thorsten Siefarth - LogoWas viele nicht wissen: Wenn eine Betreuung angeordnet wird, dann hat das keinen Einfluss auf den Geschäftsfähigkeitsstatus. Wer geschäftsfähig war, der bleibt es – wer geschäftsunfähig war, der bleibt es ebenfalls. Besteht nun die Gefahr, dass ein geschäftsfähiger Betreuter sein Vermögen gefährdet, dann kann das Betreuungsgericht einen Einwilligungsvorbehalt anordnen (§ 1903 BGB). Damit wird der Betreute quasi zum beschränkt Geschäftsfähigen herabgestuft, der Betreuer muss in dessen Rechtsgeschäfte einwilligen. Nun hat der Bundesgerichtshof in einem aktuell bekannt gewordenen Urteil entschieden, dass auch bei einem Geschäftsunfähigen ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet werden kann (Az. XII ZB 577/17). Die Begründung des Urteils liegt noch nicht vor. Im Ergebnis ist der Richterspruch praxisgerecht, denn so muss sich der Betreuer mit Vertragspartnern des Betreuten nicht auf Streitigkeiten um die Geschäftsfähigkeit einlassen. Aufgrund des Einwilligungsvorbehalts kann er über die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts entscheiden.

In eigener Sache: „Leitfaden Altenpflege“ in neuer Auflage erschienen

Leitfaden AltenpflegeDer „Leitfaden Altenpflege“ ist gerade in sechster Auflage erschienen. Erstmals unter meiner Mitarbeit. Ich habe das Kapitel zu den rechtlichen Grundlagen beigesteuert. In dem Buch finden Sie alles, was Sie in Theorie und Praxis für die ambulante, stationäre oder teilstationäre Altenpflege brauchen. Anschaulich, kompakt und absolut praxisnah werden alle wichtigen Aspekte zu Betreuung, Begleitung und Pflege des alten Menschen vermittelt. Mehr Infos gibt es bei dem Elsevier-Verlag.

Verbraucherzentrale testet Online-Patientenverfügung: Teurer ist nicht immer besser

RA Thorsten Siefarth - LogoDie Verbraucherzentrale hat elf kostenpflichtige Online-Angebote zu Patientenverfügungen untersucht. Danach stimmen die meisten dieser Angebote mit kostenlos erhältlichen Textbausteinen des Bundesjustizministeriums überein. Die teilweise recht teuren Vorlagen schneiden kaum besser ab als gängige Vordrucke. Außerdem besteht die Gefahr, dass bei den vorgeschlagenen wortreichen Erweiterungen sogar Missverständnisse aufkommen. Und schließlich schüren Stil und Inhalt zahlreicher Werbetexte unnötige Angst. Mehr Infos gibt es bei dem Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Änderungen im Betreuungsrecht: Bundesregierung startet Diskussionsprozess

RA Thorsten Siefarth - LogoZur heutigen Auftaktsitzung eines interdisziplinär besetzten Plenums hatte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) rund 80 Expertinnen und Experten eingeladen. Ziel des Prozesses ist es, durch Änderungen im Betreuungsrecht die Qualität der rechtlichen Betreuung sicherzustellen, insbesondere soll das Selbstbestimmungsrecht gestärkt werden. Außerdem will die Regierung sicherstellen, dass rechtliche Betreuung wirklich nur angeordnet wird, wenn sie zum Schutz der Betroffenen erforderlich ist. Das BMJV wird Ende 2019 in der abschließenden Plenumssitzung Bilanz ziehen und dann entscheiden, welche Gesetzgebungsvorschläge es auf den Weg bringen wird. Die Frage der Vergütung von Berufsbetreuern soll – dem Koalitionsvertrag entsprechend – allerdings möglichst zeitnah angegangen werden.

Ehemaliges Heimkind muss nicht für die Pflege der Mutter zahlen

RA Thorsten Siefarth - LogoEine heute pflegebedürftige Frau hatte ihre Tochter vor mehr als 50 Jahren in ein Säuglingsheim abgegeben. Bis zur Volljährigkeit wuchs die Tochter dann in einem Kinderheim auf. Zu ihrer Mutter hatte sie so gut wie keinen Kontakt. Nun wollte das Landratsamt von der heute 55-Jährigen eine Beteiligung an den Pflegekosten für die Mutter. Die Tochter sei für ihre Mutter unterhaltspflichtig. Wie mehrere Medien unter Berufung auf dpa berichten, wurde das von dem Amtsgericht Offenburg in Hessen jedoch abgelehnt (Az. 4 F 142/17). Zwar hatte das Gericht im Mai noch einen Vergleich vorgeschlagen. Nachdem dieser aber gescheitert war, gab das Gericht nunmehr der Tochter Recht gegeben. Eine Begründung des Urteils liegt noch nicht vor.

Befristete Arbeitsverhältnisse: Bundesverfassungsgericht korrigiert Bundesarbeitsrichter

RA Thorsten Siefarth - LogoArbeitsverträge können befristet werden, ohne dass es eines Grundes bedarf. Für solche sachgrundlosen Befristungen gibt es in § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) aber strenge Regeln. Eine davon ist: Eine derartige Befristung ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das Bundesarbeitsgericht hatte das Vorbeschäftigungsverbot aber aufgeweicht und auf einen Zeitraum von drei Jahren beschränkt. War ein altes Arbeitsverhältnis also länger als drei Jahre her, so sollte eine sachgrundlose Befristung möglich sein. Das ist laut einer aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts jedoch verfassungswidrig (Beschluss vom 6.6.2018, Az. 1 BvL 7/14, 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14). Richterliche Rechtsfortbildung (der Bundesarbeitsrichter) dürfe den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht übergehen und durch ein eigenes Regelungsmodell ersetzen. Fazit: Etliche Arbeitnehmer, die derzeit befristet arbeiten, haben womöglich einen Anspruch auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag.