Zum 1. Januar 2022 gibt es zahlreiche Neuregelungen im Bereich Gesundheit und Pflege. U.a. werden Pflegebedürftige in stationärer Pflege finanziell entlastet. Der pandemiebedingte Schutzschirm wird verlängert, ebenso die Sonderregelung für Kinderkrankengeld. Außerdem gelten für die Ausbildung in Assistenzberufen im OP und in der Anästhesie erstmals bundesweit einheitliche Regelungen. Über mehr Details informiert das Bundesgesundheitsministerium hier.
Neue Podcast-Folge: Außerordentliche Kündigung wegen einmaligen Fehlverhaltens
Dem Mitarbeiter in einer Klinik wurde ein einmaliger Arbeitszeitbetrug vorgeworfen. Und auch, dass er unerlaubt Gelder des Arbeitgebers in Höhe von knapp 150 Euro ausgegeben hatte. Reichte das aus, um ihm rechtswirksam außerordentlich zu kündigen? Um diese Frage geht es in der dritten Folge meines Podcasts „Arbeitsrecht in der Pflege“. Ich stelle das aktuelle Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vor und gebe am Ende Tipps für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen. Den Podcast gibt es überall, wo es Podcasts gibt, z.B. bei Spotify oder Castbox. Oder auch auf dieser Webseite.
Bundesgerichtshof: Eine Pflegevereinbarung kann unwirksam sein, wenn das familiäre Verhältnis heillos zerrüttet ist
Es ging um einen Mann, der an seine Schwester Wohnungseigentum übertragen hatte. Im Gegenzug erhielt er ein lebenslanges Wohnrecht. Außerdem verpflichtete sich die Schwester, ihren Bruder lebenslang zu pflegen. Später kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Geschwistern. Der Bruder sah deswegen die Pflegevereinbarung als hinfällig an und wollte die Rückübertragung der Immobilie. In den unteren Instanzen hatte der Mann keinen Erfolg, wohl aber vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Dieser entscheidet mit Urteil vom 9. Juli 2021 (Az. V ZR 30/20): Ist das Verhältnis zwischen dem Übertragenden und dem Übernehmenden heillos zerrüttet, so führt dies grds. zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage. Nach § 313 BGB kann der Übertragende eine Vertragsanpassung verlangen. Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil sogar vom Vertrag zurücktreten. All das gilt jedoch nicht, wenn die Zerrüttung eindeutig dem Übertragenden selbst anzulasten ist. Um die näheren Hintergründe noch genauer zu klären, hat der BGH den Fall zur erneuten Entscheidung an eine untere Instanz zurückverwiesen. Hier gibt es das Urteil im Volltext.
Kleine Verfehlungen eines Betreuers
Kleinere Verfehlungen eines Betreuers dürfen nicht zu dessen Entlassung durch das Betreuungsgericht führen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Beschluss vom 15. September 2021, Az. XII ZB 317/21). Es ging um einen Betreuer der hie und da mal Rechnungen, auch eine Heimrechnung, zu spät beglichen hatte. Gleichwohl sagen die Richter:innen: Für eine Entlassung muss nicht unbedingt eine konkrete Schädigung vorliegen, eine Gefährdung reiche. Außerdem dürften die Betreuungsgerichte auch auf Verfehlungen zurückgreifen, die ein Betreuer bei anderen Betreuungen begangen habe. Selbst nach diesen Maßstäben hat es in dem konkreten Fall vor dem BGH jedoch nicht gereicht, um den Betreuer zu entlassen. Bei kleineren Verfehlungen müssten Betreuungsgerichte zunächst Mittel der Aufsicht und Weisungen einsetzen. Hier das Urteil im Volltext.
Pflege naher Angehöriger kann Kündigung wegen Eigenbedarfs rechtfertigen
Die Pflege naher Angehöriger im gleichen Haus kann die Kündigung einer Mietwohnung wegen Eigenbedarfs rechtfertigen. Das hat das Amtsgericht München in einem soeben veröffentlichten Urteil entschieden (9. Juni 2021, Az. 453 C 3432/21). Es komme nicht auf den konkreten aktuellen Gesundheitszustand der Angehörigen an. Bereits das fortgeschrittene Alter reiche aus. Hier ging es um Personen, die beide über 80 Jahre alt waren. Es sei notwendig, dass diesen zeitnah geholfen werden könne, so das Gericht. Mehr Infos enthält die Pressemitteilung des Gerichts.
Beschäftigte eines Seniorenheims müssen weiterhin medizinische Maske tragen
Der Betreiber eines Seniorenpflegeheims hatte geimpfte oder genesene Beschäftigte von der Pflicht zum Tragen einer Maske befreit. Das Verwaltungsgericht Niedersachsen hat im einstweiligen Rechtsschutz jedoch entschieden: Die Beschäftigten müssen weiterhin eine medizinische Maske tragen (Beschluss vom 15. November 2021, Az. 15 B 5844/21). Ein anderes Verständnis sei nicht mit dem Wortlaut der niedersächsischen Corona-Verordnung vereinbar, so das Gericht. Die Maskenpflicht entspreche auch dem Zweck der Verordnung, nämlich dem Schutz der Bevölkerung sowie des Gesundheitssystems vor Überlastung. Insbesondere könnten sich auch vollständig geimpfte Personen mit dem Coronavirus infizieren und die Infektion wiederum auf andere übertragen. Eine COVID-19-Erkrankung stelle überdies gerade für die Bewohnerinnen und Bewohner eines Seniorenheims als besonders vulnerable Gruppe eine große Gefahr dar. Mehr Infos enthält die Pressemitteilung des Gerichts.