Soll Chefarzt oder Vertreter operieren? Patienten müssen sich eindeutig äußern!

RA Thorsten Siefarth - LogoWill ein Patient nur durch einen Chefarzt und nicht durch seinen Vertreter operiert werden, muss er dies durch eine Erklärung z.B. im Rahmen eines Wahlleistungsvertrages oder im Rahmen seiner Einwilligung zur Operation hinreichend deutlich machen. Fehlt eine solche Patientenerklärung und benennt der Vertrag zudem einen ärztlichen Vertreter, willigt der Patient auch in eine vom Vertreter ausgeführte Operation ein. Das hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm entschieden (Urteil vom 2.9.2014, Az. 26 U 30/13).

Sturz-Urteil aus Görlitz: Heim soll für FSJ’lerin haften

RA Thorsten Siefarth - LogoDie Ärztezeitung online (Autor Thomas Trappe) berichtet über eine Entscheidung des Landgerichts Görlitz (Az. 1 O 453/13). Ein Pflegeheim sei danach zu Schadensersatz in Höhe von 7000 Euro verurteilt worden. Eine FSJ’lerin (Teilnehmerin an Freiwilligem Sozialen Jahr) habe eine Pflegebedürftige nicht ausreichend stützen können. Es läge ein „Organisations- und Überwachungsfehler“ vor, da die „ungelernte Hilfskraft“ nicht die „zur Sturzvermeidung objektiv gebotenen Maßnahmen anwenden konnte“. Das beklagte Deutsche Rote Kreuz Zittau hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Update (17.6.2016): In der Berufung wurde das Urteil des Landgerichts Görlitz vom Oberlandesgericht Dresden aufgehoben (s. mein Beitrag dazu)

Bis zu 15 Minuten in Pflegeheim ohne Aufsicht: keine Pflichtverletzung!

RA Thorsten Siefarth - LogoIm August 2010 wurde die Alzheimer-Patientin wie jeden Tag in den Speisesaal geführt. Nachdem man sie in einen Sessel gesetzt hatte, wurde sie an den Tisch geschoben. Kurze Zeit später bemerkte das Pflegepersonal, dass die Seniorin nicht mehr in ihrem Sessel saß. Sie war in das Treppenhaus gelaufen, dort gestürzt und hatte sich Brüche, u. a. am Halswirbel, zugezogen. Doch das Heim muss nicht für den Sturz haften. Es sei keine Pflichtverletzung, wenn man einen Pflegebedürftigen bis zu 15 Minuten unbeobachtet lässt. Das hat das Landgericht Coburg entschieden (Urteil vom 24.1.2014, Az. 22 O 355/11). Mehr Infos zu dem Fall gibt es in der Pressemitteilung des Gerichts.

Urteil des Bundesgerichtshofs: Leitlinien sind noch keine Standards

RA Thorsten Siefarth - LogoWenn sich Ärzte an Leitlinien halten, dann kann sie dies haftungsrechtlich entlasten. Allerdings gibt es keinen Automatismus. Die Ärztezeitung berichtet über ein Urteil des Bundesgerichtshofs (pdf) vom 15.4.2014 (Az. VI ZR 382/12), in dem klargestellt wird, dass Leitlinien „nicht unbesehen mit dem medizinischen Standard gleichgesetzt werden“ dürfen. Man müsse nicht die Leitlinien anderer Fachgebiete kennen oder künftige Leitlinien voraussehen. Diese Rechtsgrundsätze sind durchaus auf den Pflegebereich übertragbar: Leitlinien sind noch keine pflegerischen Expertenstandards.

Über 580.000 Euro Schadensersatz nach grob fehlerhafter Hüftoperation

RA Thorsten Siefarth - LogoEine Patientin litt an einer Gerinnungsstörung. Diese Erkrankung wurde vor einer Hüft-Operation jedoch nicht behandelt, so dass schwere Nachblutungen auftraten. Das war grob fehlerhaft (Fehler bei der Befunderhebung) und die Patientin kann deswegen von dem Träger des für die Operation verantwortlichen Krankenhauses über 580.000 Euro Schadensersatz verlangen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden (Urteil vom 21.03.2014, Az. 26 U 115/11) und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Bochum bestätigt.