Ein Arbeitgeber hatte eine offene Videoüberwachung installiert. Mit den Aufzeichnungen wollte er sein Eigentum vor Straftaten sowohl von Kunden als auch von eigenen Arbeitnehmern schützen. Nachdem ein Fehlbestand bei den Waren festgestellt wurde, hatte der Arbeitgeber das Videomaterial überprüft und festgestellt, dass eine Mitarbeiterin vereinnahmtes Geld nicht in die Kasse gelegt hatte. Daraufhin kündigte er ihr außerordentlich und fristlos. Das Problem im Kündigungsschutzprozess: An sich sind Überwachungsdaten zügig zu löschen, hier waren sie aber ca. 6 Monate gespeichert. Durfte der Arbeitgeber die Videoaufzeichnungen dennoch verwerten? Ja, sagen die Richter am Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 23.8.2018, Az. 2 AZR 133/18). Allerdings gilt das nicht per se. Es muss eine Interessensabwägung stattfinden. Diese kann immerhin dazu führen, dass die Bilder verwertet werden dürfen. Z.B. wenn der Arbeitgeber nur auf diesem Weg nachweisen kann, dass der Mitarbeiter sein Eigentum verletzt hat.
Arbeitsrecht
Trotz Unkündbarkeit: Außerordentliche Kündigung wegen Krankheit ist möglich!
Ein Arbeitnehmer war aufgrund einer tarifvertraglichen Regelung ordentlich unkündbar. Der Arbeitgeber hatte ihm deswegen außerordentlich gekündigt. Und zwar wegen Krankheit (häufige Kurzerkrankungen). Die unteren Instanzen gaben dem Arbeitnehmer Recht. Anders das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 25.4.2018 (Az. 2 AZR 6/18). Notwendig sei für die Wirksamkeit der Kündigung unter anderem eine gravierende Störung des „Austauschverhältnisses“ zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das ist möglich, so die Richter, wenn voraussichtlich im Durchschnitt mehr als ein Drittel der jährlichen Arbeitstage mit Entgeltfortzahlung belastet sein wird.
Untauglichkeit für Nachtarbeit: Muss Attest alle zwölf Monate erneuert werden?
Gerade in der Pflege findet regelmäßig Nachtarbeit statt. Nun besagt aber § 6 Abs. 4 Nr. 1 Arbeitszeitgesetz, dass der Arbeitgeber den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen muss. Und zwar dann, wenn es eine entsprechende arbeitsmedizinische Feststellung (Attest) gibt. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat nun entschieden, dass dieses Attest nicht alle zwölf Monate erneuert werden muss, wenn ein Arzt eine dauerhafte Nachtschichtuntauglichkeit bescheinigt hat (Urteil vom 9.1.2018, Az. 19 TaBV 2/17). Das gilt selbst dann, wenn eine Betriebsvereinbarung (so war es im zugrundeliegenden Fall) das so vorsieht.
Werden Bruchteile von Urlaubstagen auf- oder abgerundet?
Bei der Berechnung des Urlaubs kann es zu Bruchteilen kommen. Da Urlaub aber immer in vollen Tagen zu gewähren ist, stellt sich die Frage: Sind die Bruchteile auf- oder abzurunden? Ganz grundsätzlich gilt: Ein Auf- oder Abrunden ist nur dann möglich, wenn für den jeweiligen Weg eine Rechtsgrundlage vorhanden ist. Einen Automatismus gibt es nicht. Die Rechtsgrundlage kann sich aus einem Gesetz, aber z.B. auch aus einem Tarifvertrag ergeben. Eine gesetzliche Regelung gibt es beispielsweise für den Fall, dass nach § 5 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ein Teilurlaub berechnet werden muss. Z.B. wenn ein neu eingestellter Arbeitnehmer vor Ablauf der Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. § 5 Abs. 2 BUrlG regelt, dass ein halber Tag oder mehr aufgerundet werden muss. Bei weniger Teilurlaub darf aber nicht abgerundet werden! Das sieht das Gesetz eben nicht vor. In diesem Fall muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer entsprechend von der Arbeit befreien oder den Bruchteil nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis abgelten.
Landessozialgericht: Keine selbständige Krankenpflegetätigkeit im Krankenhaus
Tendenziell gilt: Die Möglichkeit zur selbständigen Tätigkeit im stationären Pflegebereich ist beschränkt. Das hat einmal mehr ein soeben bekannt gewordenes Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen gezeigt (Urteil vom 14.3.2018, Az. L 8 R 1052/14). Ausschlaggebend sei die vollständige Eingliederung des Klägers in die organisatorischen Abläufe der neurologischen Stationen, so das Gericht. Dienstpläne und Schichtzeiten seien auch für den Krankenpfleger verbindlich gewesen. Die Pflege habe sich zudem an den patientenbezogenen Therapieplänen orientiert und in allen entscheidenden Punkten ärztlichen Vorgaben unterlegen. Da der Pfleger zudem nach geleisteten Stunden bezahlt worden sei, habe er auch kein unternehmertypisches wirtschaftliches Risiko getragen.
Befristete Arbeitsverhältnisse: Bundesverfassungsgericht korrigiert Bundesarbeitsrichter
Arbeitsverträge können befristet werden, ohne dass es eines Grundes bedarf. Für solche sachgrundlosen Befristungen gibt es in § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) aber strenge Regeln. Eine davon ist: Eine derartige Befristung ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das Bundesarbeitsgericht hatte das Vorbeschäftigungsverbot aber aufgeweicht und auf einen Zeitraum von drei Jahren beschränkt. War ein altes Arbeitsverhältnis also länger als drei Jahre her, so sollte eine sachgrundlose Befristung möglich sein. Das ist laut einer aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts jedoch verfassungswidrig (Beschluss vom 6.6.2018, Az. 1 BvL 7/14, 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14). Richterliche Rechtsfortbildung (der Bundesarbeitsrichter) dürfe den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht übergehen und durch ein eigenes Regelungsmodell ersetzen. Fazit: Etliche Arbeitnehmer, die derzeit befristet arbeiten, haben womöglich einen Anspruch auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag.