Fünfeinhalb Jahre lang hat eine „Praktikantin“ bei einem Arbeitgeber gearbeitet. Für 300 Euro monatlich, was einen Stundenlohn von 1,62 Euro ergibt. Das Landesarbeitsgericht München hat entschieden, dass dieser Lohn sittenwidrig sei (Urteil vom 13.6.2016, Az. 3 Sa 23/16). Begründung: In dem Praktikumsvertrag wurden die für ein Arbeitsverhältnis typischen Rechte und Pflichten geregelt. Eine Ausbildung fand faktisch nicht statt. Außerdem war die Tätigkeit nach wenigen Monaten genauso vollwertig wie die vergleichbarer Mitarbeiter. Der Arbeitgeber muss nun den Mindestlohn in Höhe 8,50 Euro pro Stunde nachzahlen, das ergibt ca. 50.000 Euro.
Gerichtsentscheidung
Kasse muss Kontaktlinsen nicht zahlen – Bundessozialgericht hält Rechtslage aber für überholt
Auf dem rechten Auge des Klägers wird maximal eine Sehschärfe von 5 Prozent erreicht. Auf dem linken Auge mit Brille bis zu 30 Prozent, mit einer Kontaktlinse zu 100 Prozent. Die beklagte Krankenkasse zahlte dem Kläger Anfang 2009 wegen funktioneller Einäugikeit eine Kontaktlinse für das linke Auge. Sie lehnte aber eine Ersatzversorgung ab, nachdem die Linse zerstört worden war. Mit der erreichbaren vollen Sehschärfe auf dem linken Auge gelte der Mann auf diesem Auge nicht mehr als schwer sehbehindert. Das Bundessozialgericht bestätigte die Entscheidung der Kasse zwar, hatte aber erhebliche Bedenken an der zugrundeliegenden Hilfsmittel-Richtlinie (Urteil vom BSG, 23.06.2016, Az. B 3 KR 21/15 R). Es forderte den Gesetzgeber zu einer Änderung auf. Danach sollten die Erstattungsregeln nicht allein auf den Schweregrad der Sehbeeinträchtigung, sondern auch auf die erreichbare Verbesserung abstellen.
Arbeitszeitbetrug einer Pflegekraft: Aufhebungsvertrag wirksam?
Die Pflegekraft eines ambulanten Pflegedienstes hatte falsche Angaben bei der Zeiterfassung gemacht. Außerdem soll sie eigenmächtig die Touren geändert haben, um dadurch günstigere Arbeitspausen einlegen zu können. Bei einem Personalgespräch droht der Arbeitgeber ihr die Kündigung und eine Strafanzeige – wenn sie nicht einen Aufhebungsvertrag unterschreibt. Sie hat das dann zwar gemacht, den Vertrag aber angefochten. Sie sei bedroht worden. Konnte sie damit vor Gericht durchkommen? Mehr lesen
Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Preisbindung rezeptpflichtiger Medikamente ist unzulässig
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente in Deutschland für unzulässig erklärt. Ansonsten würde der freie Warenverkehr in der EU behindert. Ausgangspunkt: Die „Deutsche Parkinson Vereinigung“ hatte für ihre Mitglieder ein Bonussystem für verschreibungspflichtige Medikamente ausgehandelt. Das schmeckte der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs aber gar nicht. Sie ging dagegen vor Gericht. Mehr lesen
Bewohnerin hat Schreienfälle: Pflegeheim darf ihr kündigen
Die Kündigung eines Platzes in einem Pflegeheim ist für den Inhaber eine schwierige Angelegenheit. Es geht nur dann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 12 Abs. 1 WBVG). Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einem Beschluss aber anerkannt, dass ein solcher gegeben sein kann, wenn eine Bewohnerin unter ständigen Schreianfällen leidet und dadurch Mitbewohner einschüchtert, belästigt und verängstigt und auch Pflegekräfte völlig entnervt sind (Beschluss vom 22.7.2016, Az. 8 W 38/16).
Urteil: Pflegedienst darf Einsatzpauschale abrechnen
Der Sozialhilfeträger in Berlin wollte die Einsatzpauschale nicht zahlen. Weil der Pflegedienst einen Pflegebedürftigen versorgt hatte, der im Haus nebenan wohnte. Doch das Sozialgericht Berlin verpflichtete das Sozialamt zur Übernahme der Pauschale (Urteil vom 18.1.2016, Az. S 184 SO 2703/14). Diese können nur dann entfallen, wenn der Pflegedienst seinen Sitz im selben Gebäude und an derselben Postanschrift habe. Das war hier aber nicht der Fall. Außerdem sei die Pauschale keine Anfahrts-, sondern eine Einsatzpauschale, mit der auch organisatorischer Aufwand abgegolten wird.