Sonderkündigungsschutz auch bei „Offenkundigkeit“ der Schwerbehinderung

RA Thorsten Siefarth - LogoMenschen mit einer Schwerbehinderung (oder Gleichgestellte) genießen ihren Sonderkündigungsschutz auch dann, wenn die Anerkennung als Schwerbehinderter dem Arbeitgeber nicht bekannt ist. Voraussetzung: Sie haben den Antrag auf Anerkennung mindestens drei Wochen vor Zugang der Kündigung gestellt. Ausnahmsweise kommt der Sonderkündigungsschutz aber auch dann in Betracht, wenn die Schwerbehinderung dem Arbeitgeber offenkundig ist. Darauf weist ein jetzt bekannt gewordenes Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (Az. 5 Sa 361/16) hin. Allerdings muss nicht nur das Vorliegen einer oder mehrerer Beeinträchtigungen offenkundig sein, sondern auch, dass der Grad der Behinderung auf wenigstens 50 in einem Feststellungsverfahren festgesetzt würde.

Nach mehreren Vorfällen: Heim darf rauchendem Bewohner kündigen!

RA Thorsten Siefarth - LogoEine Pflegeeinrichtung kann den Heimvertrag nach § 12 Abs. 1 S. 1 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes aus wichtigem Grund schriftlich kündigen. Nach einem aktuell bekannt gewordenen Urteil des Landgerichts Münster vom 12.12.2016 (Az. 2 O 114/16) stellt das beharrliche Rauchen trotz Rauchverbots einen solch wichtigen Grund dar. Es ging um einen starken Raucher, der mehrere Schwelbrände in seinem Zimmer verursacht hatte. Er hatte immer wieder Zigarettenstummel in den Papierkorb geworfen. Das als letztes Mittel verhängte Rauchverbot für sein Zimmer ignorierte der Bewohner jedoch beständig, so dass ihm die Heimleitung kündigte. Zu Recht, wie das Gericht in seinem Urteil bestätigte. Selbst wenn der Bewohner nicht schuldhaft gehandelt haben sollte, ist eine Kündigung zum Schutz der anderen Bewohner gerechtfertigt, so die Richter.

Rechtfertigt die Nichteinhaltung der Pausenzeit eine außerordentliche Kündigung?

RA Thorsten Siefarth - LogoDer Arbeitgeber warf dem Arbeitnehmer vor, während der Arbeitszeit im Pausenraum tief und fest geschlafen zu haben und sah darin einen Arbeitszeitbetrug. Einige Tage zuvor sei er ebenfalls beim Schlafen erwischt und abgemahnt worden. Der Mitarbeiter hatte angegeben, sich wegen starker Knieschmerzen zwei Minuten früher in den Pausenraum begeben zu haben, um dort auf der Krankenliege kurz das Bein hochzulegen. Das Arbeitsgericht Siegburg sah in diesem Fall keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung (Beschluss vom 3.5.2017, Az. 4 BV 56/16). Eine solche stehe bei einem seit über 20 Jahren bestehenden Arbeitsverhältnis außer Verhältnis zur Schwere der Pflichtverletzung. Es gehe allenfalls darum, dass der Arbeitnehmer zwei mal zwei Minuten zu früh Pause gemacht hatte.

Frist für Kündigung in der Probezeit muss klar und deutlich formuliert werden!

RA Thorsten Siefarth - LogoSieht der Arbeitsvertrag eine Probezeit von längstens sechs Monaten vor, kann das Arbeitsverhältnis gemäß § 622 Abs. 3 BGB ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Zu Problemen kann es kommt, wenn im Arbeitsvertrag eine längere Kündigungsfrist festgelegt ist. Insbesondere, wenn nicht deutlich wird, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll. Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass eine solch unklare Formulierung zu Lasten des Arbeitgebers geht (Urteil vom 23.3.2017, Az. 6 AZR 705/15). In dem aktuellen Fall durfte der Arbeitnehmer den Vertrag so verstehen, dass der Arbeitgeber schon während der Probezeit nur mit der vereinbarten längeren Frist kündigen konnte.

Urteil zur Probezeit: Arbeitgeber muss klar und deutlich formulieren!

RA Thorsten Siefarth - LogoUnklarheiten gehen zu Lasten des Verwenders. Dieser Grundsatz aus dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen trifft auch einen Arbeitgeber, der in einem Vertrag die Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende geregelt hatte. Seiner Meinung nach sollte es in der Probezeit bei den von § 622 Abs. 3 BGB vorgesehen zwei Wochen bleiben. Doch das Bundesarbeitsgericht bestätigte: Da die Formulierung des Arbeitgebers im Vertrag unklar war, musste er die lange Kündigungsfrist von sechs Wochen auch in der Probezeit gegen sich gelten lassen.

Pflegedienst durfte muslimischer Betreuungsassistentin kündigen!

RA Thorsten Siefarth - LogoNachdem sich eine Betreuungsassistentin geweigert hatte, männliche Pflegebedürftige zu waschen, kündigte der Arbeitgeber. Die Mitarbeiterin wehrte sich jedoch dagegen und berief sich auf ihren muslimischen Glauben. Vor dem Arbeitsgericht Mannheim unterlag sie damit gestern. Zum einen aus formalen Gründen: Die Klägerin hatte die Frist für die Kündigungsschutzklage versäumt. Außerdem war sie lediglich eine Woche beschäftigt, das Kündigungsschutzgesetz greift aber erst ab einer Beschäftigungsdauer von sechs Monaten. Laut Medienberichten hat die Richterin aber auch betont, dass sich die Religionsfreiheit nicht gegen das durchsetzen kann, was (auch nach der Stellenbeschreibung und dem Arbeitsvertrag) zu den ganz normalen Tätigkeiten eines Betreuungsassistenten gehört. Nachtrag: Wahrscheinlich handelt es sich nicht um eine Betreuungsassistentin (diese darf keine grundpflegerischen Tätigkeiten übernehmen), sondern um eine Altenpflegehelferin. Die Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Mannheim ist insofern unklar.