Zwangsweise Medikation eines dementen Mannes: Bundesverfassungsgericht lehnt Entscheidung darüber ab

Ein demenziell Erkrankter benötigt gegen Wahnvorstellungen Medikamente. Diese lehnt er jedoch ab. Eine zwangsweise Medikation käme jedoch nur in einem Krankenhaus in Frage, sagt das Betreuungsgericht unter Berufung auf § 1906a BGB. Das wäre für den Mann jedoch nicht zielführend, da sich sein Zustand dort verschlechtern würde. Die Betreuerin des Mannes legt daraufhin Verfassungsbeschwerde ein. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat diese am 2. November 2021 allerdings nicht zur Entscheidung angenommen (Az. 1 BvR 1575/18). Es seien noch zu viele Fragen offen, die zunächst die unteren Gerichte klären müssten. Eine gute Erläuterung der Entscheidung des BVerfG gibt es bei Legal Tribune Online. Die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts steht hier.

BGH-Urteil zu Zwangsmedikation: Nutzen muss deutlich größer sein als Beeinträchtigungen

RA Thorsten Siefarth - LogoDer Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss über eine Zwangsmedikation (4.6.2014, Az. XII ZB 121/14) deutliche Worte gefunden. Zunächst hat er darauf hingewiesen, dass der Betroffene vor einer Zwangsmedikation von dem Sinn der Maßnahme überzeugt werden muss. Das sei gesetzlich in § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BGB ausdrücklich vorgeschrieben und deswegen unerlässlich. Das Ausgangsgericht hatte dies nur recht nachlässig geprüft. Ebenso wie die Frage, ob der Nutzen der Zwangsmedikation die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt. Ein Gutachter hatte nur „berechtigte Besserungshoffungen“ bescheinigt, eine spätere Gutachterin meinte sogar: eine „Veränderung bzw. Verbesserung des Zustands [der Betroffenen] sei zweifelhaft“. Ergebnis: Die Entscheidung des Ausgangsgerichts war rechtsfehlerhaft.