Gericht darf Umfang der Überstunden abschätzen!

RA Thorsten Siefarth - LogoDieses kürzlich bekannt gewordene Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25.3.2015 (Az. 5 AZR 602/13) ist durchaus überraschend. Bislang galt, dass der Arbeitnehmer seine Überstunden nur dann bezahlt bekommt, wenn er sie vor Gericht im Detail belegen kann. Nun haben die Erfurter Richter jedoch entschieden: Steht fest, dass Überstunden auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet worden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für jede einzelne Überstunde nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht den Mindestumfang geleisteter Überstunden nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen. Mit anderen Worten: Das BAG kommt Arbeitnehmern, die ihre Überstunden nicht akribisch aufgeschrieben haben und deswegen in Beweisnöten sind, etwas entgegen. Es lässt eine Schätzung zu. Immerhin. Trotzdem ist der Boden schwankend. Besser ist es also, man kann als Arbeitnehmer vor Gericht sämtliche Überstunden mit den entsprechenden Zeiten unter Beweis stellen.

Kündigung einer Arzthelferin: Arbeitgeber muss Diskriminierung widerlegen!

RA Thorsten Siefarth - LogoDie Kündigung einer Arzthelferin ließ eine Diskriminierung wegen des Alters vermuten. Anerkannt ist, dass ein Arbeitgeber dies widerlegen muss. Aber gilt dies auch in einem Kleinbetrieb mit nur fünf Mitarbeitern? Darüber hat soeben das Bundesarbeitsgericht entschieden. Mehr lesen

Urteil: Ergotherapeutin eines Seniorenheims darf der Urlaub nicht gekürzt werden

RA Thorsten Siefarth - LogoEine Ergotherapeutin befand sich nach der Geburt ihres Sohnes in Elternzeit. Mitte Mai 2012 endete das Arbeitsverhältnis mit dem Seniorenheim. Vom Arbeitgeber wollte sie danach eine Abrechnung und Ausbezahlung (Abgeltung) des Urlaubs für die Jahre 2010 bis 2012. Doch dieser kürzte ihren Abgeltungsanspruch.

Zu Unrecht wie jetzt das Bundesarbeitsgericht entschieden hat (Urteil vom 19. Mai 2015, Az. 9 AZR 725/13): Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub wegen Elternzeit nicht mehr kürzen. Die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), wonach der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann, setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat. Damit geben die obersten Bundesarbeitsrichter ihre bisherige Rechtsprechung auf.

Bundesarbeitsgericht: Mindestlohn auch bei Krankheit und Urlaub!

RA Thorsten Siefarth - LogoRund um den Mindestlohn ranken sich viele Streitigkeiten. Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht über eine Sonderkonstellation entschieden. Betroffen ist davon pädagogisches Personal (Urteil vom 13. Mai 2015, Az. 10 AZR 191/14). Für dieses gilt eine tarifliche Mindestlohnregelung. Arbeitgeber zahlen den dort vorgesehenen Mindstlohn mitunter jedoch nur bei tatsächlich geleisteter Arbeit. Und nicht für Feiertage und Krankheit. Dem hat das Bundesarbeitsgericht jetzt eine Absage erteilt: Das Entgeltfortzahlungsgesetz gebiete, dass auch in diesen Fällen der Mindestlohn bezahlt werden muss. Ein Rückgriff des Arbeitsgebers auf eine vertraglich vereinbarte niedrigere Vergütung ist unzulässig. Eine Entscheidung, die auch bei anderen Mindestlohnregelungen, z.B. den Pflegemindestlohn und den allgemeinen Mindestlohn, gelten dürfte.

Kündigung wegen In-vitro-Fertilisation – unwirksam!

RA Thorsten Siefarth - LogoEine Arbeitnehmerin teilte ihrem Arbeitgeber Anfang 2013 mit, dass sie seit mehreren Jahren einen bisher unerfüllten Kinderwunsch hege und ein erneuter Versuch einer künstlichen Befruchtung anstehe. Eine Woche nach dem Embryonentransfer sprach der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung aus und besetzte die Stelle mit einer älteren Arbeitnehmerin. Am 7. Februar 2013 wurde bei der Klägerin eine Schwangerschaft festgestellt, worüber sie den Arbeitgeber sieben Tage später informierte. Das Bundesarbeitsgericht musste nun über die Wirksamkeit der Kündigung entscheiden. Mehr lesen

Klageverzicht in Aufhebungsvertrag: Klausel kann unwirksam sein!

RA Thorsten Siefarth - LogoSoll eine Kündigung vermieden werden und wollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich „geräuschlos“ trennen, so vereinbaren sie meistens einen Aufhebungsvertrag. Darin steht dann häufig auch eine Klausel, mit der der Arbeitnehmer erklärt, auf eine Kündigungsschutzklage zu verzichten. Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden (12.3.2015, Az. 6 AZR 82/14), dass eine solche Klausel nicht wirksam ist, wenn der Arbeitgeber die Kündigung gar nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gar widerrechtlich mit einer Kündigung gedroht, dann sind sowohl der Aufhebungsvertrag als auch die Klageverzichtsklausel unwirksam.