Bei medizinischen Untersuchungen besteht Recht auf Begleitperson

Bei einer gerichtlich angeordneten medizinischen Untersuchung darf die zu begutachtende Person grundsätzlich eine Begleitperson ihres Vertrauens hinzuziehen. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 27. Oktober 2022 (Az. B 9 SB 1/20 R). Zwar ging es in dem Fall um die Herabsetzung des Grades der Schwerbehinderung. Gleichwohl kann die Entscheidung auf viele andere Bereiche übertragen werden: Etwa auf Untersuchungen im Betreuungsrecht, bei Begutachtungen durch den Medizinischen Dienst (Feststellung des Pflegegrades) oder bei freiheitsentziehenden Maßnahmen.

Außerdem wird aus dem Urteil noch ein zweiter Aspekt deutlich: Bei gerichtlich angeordneten Untersuchungen ist der Gutachter ist nicht befugt, eine Begleitperson auszuschließen oder bei ihrer Anwesenheit die Begutachtung abzulehnen. Dieses Recht steht allein dem Gericht zu. Und das auch nur dann, wenn die Begutachtung ansonsten gefährdet wäre.

Auf die Entscheidung weist die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA) hin und erläutert den Richterspruch auf ihrer Webseite. Das Bundessozialgericht hat dazu eine kurz zusammenfassende Terminvorschau und einen Terminsbericht veröffentlicht.

Bundesverfassungsgericht: Kein Online-Chat mit dem Sozialgericht

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RA Thorsten Siefarth - LogoMuss ein Pflegebedürftiger eine Ersatzpflegekraft beschaffen, weil die eigentliche Pflegekraft vor Gericht als Zeugin aussagen muss, so kann man dafür eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) verlangen. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass der Pflegebedürftige selbst vor Gericht erschienen ist. Das hat das Bayerische Landessozialgericht entschieden (Beschluss vom 21.1.2015, Az. L 15 SF 296/14).

Gerichtsverfahren dauert zu lang: Auch Pflegeheim kann Entschädigung verlangen!

Ein Pflegeheimbetreiber aus Sachsen-Anhalt stritt jahrelang vor Gericht um erhöhte Vergütungen. Nach § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes kann bei unangemessen langer Verfahrensdauer eine Entschädigung verlangt werden. Ist nur ein immaterieller Schaden entstanden, so werden dafür grds. 1200 Euro pro Verzögerungsjahr fällig. Das Bundessozialgericht hat nun entschieden (Beschluss vom 12.2.2015, Az. B 10 ÜG 1/13 R): Einen solchen Anspruch kann auch eine juristische Person (hier Träger des Pflegeheims) geltend machen. Das hatte das Land Sachsen-Anhalt bestritten und den Anspruch abgelehnt. Nun muss aber vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt erst noch ermittelt werden, ob das Verfahren wirklich unangmessen lange gedauert hat.