Seit April 2016 ist das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) in Kraft, das auch auf Heimverträge Anwendung findet. Jeder Heimbewohner kann im Konfliktfall eine Streitschlichtung beantragen. Mittlerweile ergänzt § 6 Abs. 2 Nr. 4 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG), dass im Heimvertrag bestimmte Angaben zur Schlichtung gemacht werden müssen. Wie die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA) nun mitteilt, hat eine Prüfung zahlreicher Verträge ergeben, dass die notwendigen Hinweise häufig fehlen. Unerlässlich ist der Hinweis auf die Bereitschaft des Heimbetreibers, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen. Zudem müssen geeignete Schlichtungsstellen genannt werden, an die sich der Verbraucher wenden kann.
Wohn- und Betreuungsvertrag
Unter welchen Voraussetzungen darf ein Bewohner den Heimvertrag kündigen?
Diese Frage wird durch § 11 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes beantwortet. Es gibt zum einen die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung. Diese muss spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf desselben Monats erklärt werden – und zwar schriftlich. Bei einer Erhöhung des Entgelts ist eine Kündigung jederzeit zu dem Zeitpunkt möglich, zu dem das Heim die Erhöhung des Entgelts verlangt. Außerdem darf man immer zwei Wochen nach Vertragsbeginn (und ohne Einhaltung einer Frist) kündigen. Schließlich gibt es noch die außerordentliche und fristlose Kündigung. Die ist dann möglich, wenn die Fortsetzung des Vertrags bis zum Ablauf der Frist zur ordentlichen Kündigung nicht zumutbar ist. Z.B. weil gravierende Pflegefehler vorgefallen sind.
Bewohnerin hat Schreienfälle: Pflegeheim darf ihr kündigen
Die Kündigung eines Platzes in einem Pflegeheim ist für den Inhaber eine schwierige Angelegenheit. Es geht nur dann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 12 Abs. 1 WBVG). Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einem Beschluss aber anerkannt, dass ein solcher gegeben sein kann, wenn eine Bewohnerin unter ständigen Schreianfällen leidet und dadurch Mitbewohner einschüchtert, belästigt und verängstigt und auch Pflegekräfte völlig entnervt sind (Beschluss vom 22.7.2016, Az. 8 W 38/16).
Bewohnerin hat ständig Schreianfälle: Heim darf ihr kündigen
Eine Heimbewohnerin hat ständig Schreianfälle. Die übrigen Bewohner fühlen sich durch das oftmals stundenlange laute Schreien eingeschüchtert, belästigt und auch verängstigt. Das Schreien ist auch dann zu hören, wenn die Bewohnerin in ihrem Zimmer ist. In allgemein zugänglichen Räumlichkeiten können sich Gruppen durch das Schreien teilweise nicht mehr aufhalten, sich unterhalten oder gemeinsame Aktionen unternehmen. Das Heim durfte der Bewohnerin deswegen nach § 12 Abs. 1 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes aus wichtigem Grund kündigen, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Beschluss vom 22.7.2016, Az. 8 W 38/16).
Einseitige Erhöhung des Heimentgelts: Bundesgerichtshof kippt Vertragsklausel
Betreiber von Pflegeheimen und anderen Wohn- und Betreuungseinrichtungen dürfen die Preise nicht durch einseitige Erklärung und ohne Zustimmung der Bewohnerinnen und Bewohner erhöhen, wenn sich etwa die Betriebskosten ändern. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil entschieden. Die Richter gaben damit der Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen eine in Heimverträgen übliche Klausel eines Anbieters statt. Mehr lesen
Bei Streitigkeiten um den Heimvertrag: Neuerdings hilft Schlichtungsstelle!
Am 1. April trat das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz in Kraft. Damit werden Verbraucherinnen und Verbraucher künftig ihre vertraglichen Ansprüche ohne Kostenrisiko bei einer Verbraucherschlichtungsstelle geltend machen können. Auch bei Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) können sich Verbraucher, Bevollmächtigte und Betreuer an das Zentrum für Schlichtung e.V. wenden. Die Pflegeeinrichtungen können zwar zur Teilnahme am Schlichtungsverfahren nicht gezwungen werden, sie müssen jedoch bei neuen Verträgen darüber aufklären, ob sie zur Teilnahme bereit sind. Mehr lesen