Sozialgericht: OP-Schwester ist keine Selbstständige

RA Thorsten Siefarth - LogoDas Sozialgericht Mainz hat entschieden, dass die OP-Schwester eines Klinikums in Rheinland-Pfalz als sozialversicherungspflichtig zu gelten hat. Obwohl sie aufgrund eines Dienstvertrages als „freie Mitarbeiterin“ für das Krankenhaus tätig wurde.



Planung, Durchführung und Dokumentation von OP-Diensten

Die Klägerin aus Rheinhessen, eine staatlich anerkannte Fachkrankenschwester für operative Funktionsbereiche, schloss im Jahr 2013 mit einem Klinikum einen Dienstvertrag ab. Der Vertrag sah unter anderem vor, dass die Klägerin als freie Mitarbeiterin Dienstleistungen als Fachkraft im OP-Dienst zu erbringen hatte. Hierunter fiel die Planung, Durchführung und Dokumentation von OP-Diensten. Die Tätigkeit sollte im Namen des Klinikums erfolgen, ohne dabei aber ein Arbeitnehmerverhältnis zu begründen. Die Klägerin hatte eigene Berufsbekleidung und ein eigenes Namensschild einzusetzen. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle bestand nicht.

Bereichskleidung zwingend

In der Folge wurde die Klägerin mehrfach für die Klinik tätig, wobei sie ausschließlich im OP-Bereich eingesetzt wurde. Aus hygienischen Gründen war dort zwingend sogenannte Bereichskleidung zu tragen, die vom Klinikum gestellt wurde. An dieser Kleidung war ein von der Klägerin gestelltes Namenschild angesteckt, welches sie als Honorarkraft auswies. Im eigentlichen OP-Saal wurde über diese Bereichskleidung dann ein steriler Kittel gezogen, der ebenfalls von der Klinik gestellt wurde.

Wenig Freiheit bei Assistenz

Bei der Operation musste die Klägerin dem operierenden Arzt die von ihm gewünschten Instrumente/Materialien reichen, ohne dass sie hierauf selbst Einfluss nehmen konnte. In welcher Reihenfolge sie das Besteck und die Materialien vor sich auslegte, war der Klägerin hingegen – im Gegensatz zu anderen Schwestern oder Pflegern – freigestellt. Die Klägerin hatte zu keinem Zeitpunkt Kontakt zu Patienten im wachen Zustand.

Statusfeststellungsantrag bei Rentenversicherung

Nachdem sowohl die Klinik als auch die Klägerin einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gestellt hatten, stellte die beklagte Rentenversicherung fest, dass die Klägerin abhängig beschäftigt sei und daher eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- Renten- und Arbeitslosenversicherung bestehe.

Gericht: Tatsächliche Verhältnisse sind entscheidend

Die von der Klägerin hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Die Richter des Sozialgerichts Mainz kamen nach einer Gesamtabwägung aller Umstände zu dem Urteil, dass die Klägerin als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte für die Klinik tätig war.

Zwar spreche der Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung für eine selbstständige Tätigkeit, diese erkennbar von den Vertragsparteien gewünschte Rechtsfolge sei aber nicht ausschlaggebend. Entscheidend seien vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse, die vorliegend für einen Status als abhängig Beschäftigte sprechen würden.

So habe die Klägerin etwa keinen Einfluss darauf gehabt, wann konkret Operationen durchgeführt wurden. Diesbezüglich habe sie sich in den Klinikbetrieb eingliedern müssen. Sie habe auch nicht wie eine Selbstständige ein besonderes unternehmerisches Risiko getragen. Weiter habe sie im Krankheitsfall lediglich dem Klinikum absagen, sich aber nicht weiter um einen Ersatz kümmern müssen, wie dies auch bei normalen Arbeitnehmern der Fall sei. Schließlich habe sie während der Operationen die Krankenhauskleidung der Klinik tragen müssen, so dass von außen eine Unterscheidung von anderen angestellten Mitarbeitern nicht möglich gewesen sei.

Referenz: Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 18.3.2016, Az. S 10 R 205/14

Quelle: Pressemitteilung des Sozialgerichts Mainz vom 19.4.2016

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