An sich sieht die gesetzliche Sozialversicherung eine paritätische Finanzierung vor: Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen einen gleich hohen Anteil bezahlen. Doch das stimmt so schon lange nicht mehr. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ist der Beitrag der Arbeitgeber bei 7,3 Prozent eingefroren, Arbeitnehmer müssen inklusive Zusatzbeitrag zurzeit durchschnittlich 8,4 Prozent berappen. Auf den ersten Blick zahlen also die Arbeitnehmer mehr in die Kassen ein. Der SPIEGEL (Florian Diekmann) hat in einem sehr aufschlussreichen Beitrag eine Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Anlass genommen, die Zahlen einmal genauer zu analysieren.
Krankenversicherungsrecht
Radiotherapie schonender als konventionelle Bestrahlung: Kasse muss zahlen
Mehrere Medien berichten, dass das Landgericht Lüneburg eine private Krankenversicherung verurteilt hat, die intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT) zu bezahlen (Urteil vom 2.8.2016, Az. 5 O 179/13). Diese Behandlungsmethode sei (zur Behandlung eines Prostatakarzinoms) wissenschaftlich anerkannt, aber weniger belastend als die konventionelle 3-D-Bestrahlung.
Elektronische Gesundheitskarte: Behörden dürfen nicht beliebig viele Daten sammeln
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in einem Grundsatzurteil die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte gebilligt. Ein Anspruch auf Befreiung von der Verwendung der elektronischen Gesundheitskarte besteht nicht. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger gewährt den Versicherten kein Recht auf Verhinderung der Digitalisierung und „Weiterleben in einer analogen Welt“. Dieses Recht verlangt aber umgekehrt auch, dass Voraussetzungen und Umfang der Speicherung sensibler (Gesundheits-)Daten gesetzlich klar geregelt und nicht Vereinbarungen zwischen den beteiligten Behörden überlassen werden. Mehr lesen
Kooperation von Heimen und Ärzten: Telemedizin hilft!
Seit dem 1. Juli 2016 werden Heimärzte besser vergütet. Dazu müssen sie Kooperationsverträge mit den Heimen abschließen. Sie erhalten dann – außerhalb ihres Budgets – für die zusätzlichen Koordinierungs- und Kooperationsaufgaben ein zusätzliches Entgelt. In der Praxis gibt es allerdings noch viele Hemmschwellen. Ein sehr schönes Beispiel schildert jedoch die Ärztezeitung (Hauke Gerlof). Eine Hausärztin aus Berlin erläutert, wie sie die Kooperation mit Hilfe von Telemedizin bewerkstelligt.
Individuelle Gesundheitsleistungen: Viele nutzen nichts, kosten den Patienten aber!
Der Gesetzgeber definiert, welche Leistungen einer Krankenkasse angemessen sind. Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) gehen darüber hinaus. Wünscht der Patient sie dennoch, so muss er sie selbst bezahlen. Das Spektrum reicht von Ultraschall-Untersuchungen in der Schwangerschaft über Lichttherapie bei saisonal depressiver Störung bis hin zur Bestimmung des Immunglobin G gegen Nahrungsmittel. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDS) hat diese Leistungen untersucht und kommt zu dem Ergebnis: Drei Viertel der Patienten fühlen sich nicht ausreichend über mögliche Schäden informiert. Außerdem sei der Nutzen beim überwiegenden Teil solcher Leistungen fraglich, häufig überwiege auch das Schadensrisiko. Informationen zu den individuellen Gesundheitsleistungen bietet der IGeL-Monitor.
Sozialgericht München: Kasse muss Akustikschalter zahlen
Soll ein Rufsignal allein durch die menschliche Stimme (Umweltgeräusche werden herausgefiltert) ausgelöst werden, so gibt es dafür spezielle Akustikschalter. Eine Ärztin hatte diesen Notrufschalter einer an Epilepsie leidenden Patientin verordnet, um damit der gehäuften Sturzneigung in der Nacht zu begegnen. Die Kasse lehnte die Kostenübernahme ab. Das Sozialgericht München hat die Kasse aber zur Zahlung verurteilt (Urteil vom 14.12.2015, Az. S 44 KR 1273/13). Und zwar selbst dann, wenn der Patient in einer Pflegeeinrichtung oder in einer Einrichtung der Behindertenhilfe lebt.