Elektronische Gesundheitskarte: Behörden dürfen nicht beliebig viele Daten sammeln

RA Thorsten Siefarth - LogoDas Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in einem Grundsatzurteil die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte gebilligt. Ein Anspruch auf Befreiung von der Verwendung der elektronischen Gesundheitskarte besteht nicht. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger gewährt den Versicherten kein Recht auf Verhinderung der Digitalisierung und „Weiterleben in einer analogen Welt“. Dieses Recht verlangt aber umgekehrt auch, dass Voraussetzungen und Umfang der Speicherung sensibler (Gesundheits-)Daten gesetzlich klar geregelt und nicht Vereinbarungen zwischen den beteiligten Behörden überlassen werden.



Ein IT-Ingenieur wollte grundsätzlich geklärt wissen, ob er zukünftig die elektronische Gesundheitskarte nutzen müsse, wenn er Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen wolle. Das Sozialgericht Karlsruhe bejahte dies und wies seine Klage ab.

Kein „gläserner Patient“

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat die Berufung des Versicherten zurückgewiesen. Die gesetzlichen Vorschriften, die die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte betreffen, sind verfassungsgemäß, so die Stuttgarter Richter. Für die Erhebung, Nutzung und Verarbeitung einer Reihe von sensiblen Daten ist die Einwilligung der Versicherten erforderlich; dies wird durch verschiedene Regelungen zum Datenschutz und zu Maßnahmen zur Verhinderung missbräuchlicher Verwendung flankiert. Damit wird insgesamt sichergestellt, dass der „gläserne Patient“ nicht Wirklichkeit wird.

Speicherung „statusergänzender Merkmale“ nicht gesetzlich gedeckt

Soweit der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen jedoch in einer technischen Vereinbarung geregelt haben, dass zukünftig zusätzlich zum „Versichertenstatus“ (Mitglied, Rentner oder Familienversicherter) weitere „statusergänzende Merkmale“ (Teilnahme an bestimmten Programmen, Angaben über spezialfachärztliche Versorgung u.a.) auf der Karte gespeichert werden sollen, dürfte dies nicht von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt und unzulässig sein. Im vorliegenden Fall war der Versicherte jedoch von keinem dieser zusätzlichen Merkmale betroffen, weshalb er nicht in seinen Rechten verletzt war.

Referenz: Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21.6.2016, Az. L 11 KR 2510/15

Quelle: Pressemitteilung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12.7.2016

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