Urteil zum Sozialhilferecht: Wann gilt ein Antragsteller als „alter Mensch“?

RA Thorsten Siefarth - LogoDas Sozialhilferecht sieht Grundsicherungsleistungen für ältere Menschen vor. Im Sozialgesetzbuch XII finden sich diese u.a. auch im Abschnitt „Altenhilfe“. Doch wer fällt hierunter? Gibt es eine Altersgrenze? Müssen noch weitere Umstände hinzutreten? Darüber hat das Bundessozialgericht nun erstmals entschieden.



Grabpflege und Reisen sollen erstattet werden

Der schwerbehinderte Kläger, 67 Jahre alt, lebt mit seiner Ehefrau in einem Haushalt im Hessischen. Er erhält nur eine geringe Rente und bezieht von dem beklagten Sozialhilfeträger seit Jahren Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Er beantragte als Altenhilfe die Übernahme von Kosten für monatlich jeweils eine Fahrt zum Besuch des Elterngrabes in Oberfranken und zum Besuch seines Bruders in Hagen (insgesamt Fahrkosten für rund 1000 km pro Monat) sowie für den monatlichen Besuch kultureller Veranstaltungen. Den notwendigen Aufwand bezifferte er mit insgesamt rund 200 Euro monatlich.

Doch der Sozialhilfeträger verweigert die Übernahme der Kosten. Dies hat nun das Bundessozialgericht bestätigt.

„Altersbedingte Schwierigkeiten“?

Die Richter erkennen zunächst an, dass der Kläger als „alter Mensch“ im Sinne der einschlägigen Vorschrift gilt (§ 71 Absatz 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch XII). Denn der Mann hatte die Altersgrenze für den Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter erreicht.

Der Tatbestand der Altenhilfe setzt aber darüber hinaus Bedarfe wegen „altersbedingten Schwierigkeiten“ voraus. Das ergebe sich u.a. aus § 71 Absatz 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch XII. Denn dort seien als Zwecken der Altenhilfe genannt: „Schwierigkeiten, die durch das Alter entstehen, zu verhüten, zu überwinden oder zu mildern und alten Menschen die Möglichkeit zu erhalten, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen“.

Es können also durchaus Bedarfe vorliegen, die auch bei jüngeren Menschen anfallen, die aber erst unter dem Gesichtspunkt altersbedingter Auswirkungen durch Leistungen der Altenhilfe ergänzt werden sollen. Also insbesondere, wenn es um drohende Vereinsamung und Isolation beziehungsweise zunehmende körperliche oder geistige Schwäche geht.

Kläger ist sozial gut eingegliedert

Beim Kläger, so die obersten Sozialrichter, liege ein solcher Bedarf aber nicht vor. Seine Entscheidung, sich vermehrt um die Grabstelle seiner Eltern zu kümmern, weise keine Bezüge zu „altersbedingten Schwierigkeiten“ auf. Nichts anderes gelte angesichts der von ihm geschilderten und bestehenden Lebensumstände auch für die übrigen geltend gemachten Bedarfe. Insbesondere durch das eheliche Zusammenleben sei er objektiv in ein soziales Netz eingebunden. Gleichwohl bestehende altersspezifische Probleme habe er auch nicht vorgetragen.

Referenz: Urteil des Bundessozialgerichts vom 24.2.2016, Az. B 8 SO 11/14

Quelle: Pressemitteilung des Bundessozialgerichts vom 25.2.2016

 

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