Ein Arbeitnehmer hatte mit seinem Arbeitgeber, der dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche angeschlossen war, einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Es galten die entsprechenden Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR). Diese sollten in ihrer jeweils gültigen Fassung angewendet werden, insbesondere was Lohnerhöhungen anging. Ende 2013 wurde der Arbeitgeber von einem weltlichen Unternehmen übernommen. Dieses gehörte nicht der Diakonie an. Der Streit: Galten die dynamisch angepassten AVR ab 2014 dann auch im neuen Unternehmen? Ja, urteilte das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 23.11.2017, Az. 6 AZR 683/16): Der Erwerber tritt in alle Rechtspositionen des Veräußerers ein (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) – und dann eben auch in die dynamisch einbezogenen AVR. Der Arbeitnehmer hat also Anspruch auf den durch die AVR erhöhten Lohn!
Bundesarbeitsgericht
Urteil zur Versetzung von der Nachtschicht in die Wechselschicht
Ein Arbeitgeber hatte den Mitarbeiter von der jahrelang ausgeübten Nachtschicht in die Wechselschicht versetzt. Er wollte prüfen, ob sich die gesundheitliche Situation des klagenden Arbeitnehmers dadurch verbessert. Der Mitarbeiter wandte jedoch ein, es hätte zuvor eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) bedurft. Das Bundesarbeitsgericht sah das in seinem gestern gefällten Urteil allerdings anders (Az. 10 AZR 47/17). Auf ein BEM komme es nicht an, vielmehr sei entscheidend, ob alle relevanten Faktoren im Einzelfall geprüft wurden („billiges Ermessen“). Um das zu prüfen, wurde der Fall an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Nachtarbeitszuschlag und Urlaubsentgelt müssen auf Grundlage des Mindestlohnes berechnet werden
Ein Unternehmen zahlte 2015 einem Mitarbeiter einen Lohn von ca. 7 Euro pro Stunde. Diesen stockte es auf den Mindestlohn in Höhe von damals geltenden 8,50 Euro auf. Die Vergütung für Nachtzuschlag und Urlaubsentgelt berechnete es jedoch nicht auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns, sondern nach der niedrigeren vertraglichen Stundenvergütung. Das war unzulässig, urteilte gestern das Bundesarbeitsgericht (Az. 10 AZR 171/16). Der Nachtarbeitszuschlag und das Urlaubsentgelt (beide in einem Tarifvertrag geregelt) müssen auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro berechnet werden. Denn dieser stelle den „tatsächlichen Stundenverdienst“ im Sinne des Tarifvertrags dar.
Unangemessene Weisungen des Arbeitgebers: Änderung der Rechtsprechung
Bislang müssen Arbeitnehmer die sogenannten „unbilligen Weisungen“ eines Arbeitgebers grundsätzlich erst einmal hinnehmen und ausführen. Sie können dagegen zwar vor Gericht ziehen, dürfen aber erst bei rechtskräftiger Entscheidung die Weisung des Arbeitgebers verweigern. In der Praxis ist das kaum praktikabel. Nun haben zwei Senate beim Bundesarbeitsgericht angekündigt, dass sie an ihrer bisherigen Rechtsprechung nicht mehr festhalten wollen. Unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmer ein sofortiges Weigerungsrecht haben, wird das Bundesarbeitsgericht aber noch näher erläutern müssen.