Neue Podcast-Folge online: Arbeitszeiterfassung ist Pflicht!

Noch immer scheinen viele Gesundheitsunternehmen die Arbeitszeit nicht ausreichend zu erfassen. Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts zwingt jedoch dazu, spätestens jetzt tätig zu werden. Ich erläutere in diesem Podcast, welche Konsequenzen das Urteil für Praxis mit sich bringt. Den Podcast „Arbeitsrecht in der Pflege“ gibt es über viele Podcast-Apps. Die aktuelle Episode können Sie immer auch auf dieser Webseite anhören.

Aktuelles Urteil: Arbeitgeber müssen Arbeitszeiten erfassen – Konsequenzen?

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden (13. September 2022, Az. 1 ABR 22/21): Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Es wird nun wild über die Konsequenzen diskutiert. So viel kann man schon jetzt sagen: Arbeitgeber sollten (noch) nicht tätig werden. Denn selbst wenn ein Verstoß gegen das ArbSchG vorliegt, so gibt es bislang keine Sanktionen. Man kann also erst einmal abwarten, was sich aus der Entscheidungsbegründung ergibt. Erst dann dürften die Anforderungen an die Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung klarer sein. Und schließlich wird auch der Gesetzgeber tätig werden. Doch das ist bislang noch nicht erfolgt. Obwohl eine Neuregelung schon seit dem Stechuhr-Urteil des EuGH vom 14. Mai 2019 (Az. C 55/18) in Planung ist.

Urteil zur Arbeitszeit (An- und Ablegen der persönlichen Schutzausrüstung)

Bei dem An- und Ablegen der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) fallen weitere Tätigkeiten an. Zum Beispiel der Weg zwischen Spind, Umkleideraum und dem eigentlichen Arbeitsplatz. Bei diesen sogenannten „verbundenen Tätigkeiten“ handelt es sich grundsätzlich um vergütungspflichtige Arbeitszeiten. Allerdings kann der Vergütungsanspruch durch Arbeits- oder Tarifvertrag ausgeschlossen werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 21. Juli 2021, Az. 5 AZR 110/21). Hier gibt es das Urteil im Volltext.

Pausen in der Pflege gut gestalten

Gerade in der Pflege werden Pausen häufig nicht genommen. Dabei sind sie wichtig – und auch gesetzlich vorgeschrieben. Eine neue Broschüre der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hilft bei der Gestaltung der Pausen. Auf 50 Seiten sind enthalten: Die rechtlichen Grundlagen, Hinweise für Pflegekräfte sowie Empfehlungen für Führungskräfte. Mehr Infos gibt es hier.

„24 Stunden Pflege zu Hause“: Betreuungskraft bekommt Lohn für 21 Stunden pro Tag

Junge Frau mit Rollstuhl vor sich schaut zum Horizont

Eine Agentur vermittelt Arbeitnehmer nach Deutschland, zur „24 Stunden Pflege zu Hause“. Das geschah auch bei einer Frau aus Bulgarien. Sie betreute eine 96-jährige Dame. In ihrem Arbeitsvertrag war eine Arbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich vereinbart. Faktisch hat die klagende Betreuungskraft jedoch bei weitem mehr gearbeitet. Deswegen sind täglich 21 Stunden mit Mindestlohn zu vergüten. Das hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am Montag entschieden. Mehr lesen

Europäischer Gerichtshof: Umfassende Erfassung der Arbeitszeit notwendig

RA Thorsten Siefarth - LogoFür Arbeitnehmer kann es schwierig bis unmöglich sein, bei Überstunden, Mehrarbeit, Pausen und Ruhezeiten ihre Ansprüche durchzusetzen. Unter anderem auch deswegen, weil es keine Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit gibt. Das verstößt aber gegen die europäische Arbeitszeitrichtlinie, wie gestern der Europäische Gerichtshof entschieden hat (Urteil in der Rechtssache C-55/18 Federación de Servicios de Comisiones Obreras (CCOO) / Deutsche Bank SAE ). In seiner Entscheidung hat er den Mitgliedstaaten aufgegeben, die gesetzlichen Regelungen zu ändern. Auch in Deutschland müssen Arbeitgeber verpflichtet werden, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Messung der täglichen Arbeitszeit einzurichten. Eine Frist hat der EuGH nicht gesetzt.