Das Sozialgericht Heilbronn hat bei einer Krankenschwester, die von einer Agentur als „freie Mitarbeiterin“ vermittelt worden war, auf Scheinselbstständigkeit erkannt. Und das, obwohl sie für verschiedene Krankenhäuser tätig war.
Vertrag als „freier Unternehmer“
Die 1971 geborene Klägerin ist Krankenschwester für Anästhesie und Intensivmedizin. Vermittelt über eine Agentur war sie in einem Verbund mit anderen Pflegekräften als „freie Mitarbeiterin“ in verschiedenen Krankenhäusern tätig. Für ihre Tätigkeit als Intensivpflegekraft in den Monaten April bis Juni 2014 erhielt sie vom beigeladenen Krankenhaus eine Vergütung von mehr als 17.000 Euro. Mit diesem hatte sie zuvor einen „Dienstleistungsvertrag“ abgeschlossen. Hierin war ausgeführt, dass die Klägerin „Dienstleistungen gemäß dem Berufsbild einer examinierten Kranken- und Gesundheitspflegekraft“ erbringe und „kein Arbeitnehmer (…) im Sinne des Sozialversicherungs-, Steuer- und Arbeitsrechtes“ sei. Zudem könne die Klägerin „als freier Unternehmer grundsätzlich auch mehr als 10 Stunden/Tag eingesetzt werden“.
Auf einen sogenannten Statusfeststellungsantrag entschied die beklagte Rentenversicherung (DRV Bund), dass die Klägerin beim Krankenhaus im betreffenden Zeitraum abhängig beschäftigt gewesen sei. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.
In betriebliche Organisation eingegliedert
Zwar stelle der Wille der Vertragsparteien zu freier Mitarbeit ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar. Vorliegend sei aber maßgeblich, dass die Klägerin in die betriebliche Organisation des Krankenhauses eingebunden gewesen sei. So habe sie Patienten bei Dienstantritt übernommen und nach Dienstende wieder übergeben. Anweisungen der diensthabenden Ärzte habe sie befolgen müssen, die Stationsleitung habe ihre Arbeit kontrolliert. Notwendigerweise habe sie mit fest angestellten Pflegekräften des Krankenhauses zusammengearbeitet.
Kein wirtschaftliches Risiko
Zudem habe sie auch kein wirtschaftliches Risiko getragen. Denn es sei von vornherein ein festes Stundenhonorar vereinbart gewesen. Auch sei sie keinem Unternehmerrisiko ausgesetzt gewesen, da sie selbst weder Arbeitnehmer beschäftigt noch wesentliches Eigenkapital eingesetzt habe; so habe sie nach eigenen Angaben lediglich zu Hause ein „Büro“ unterhalten. Sie sei vielmehr lediglich einem Einkommensrisiko ausgesetzt gewesen, welches jeden Arbeitnehmer treffen könne, der nur Zeitverträge bekomme oder auf Abruf arbeite und nach Stunden bezahlt werde.
Dass nach den Angaben des Krankenhauses derzeit ein Personalmangel bestehe, sei ein Problem des Arbeitsmarktes und könne nicht die Annahme einer selbständigen Tätigkeit rechtfertigen.
Referenz: Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 1.2.2017, Az. S 10 R 3237/15 (rechtskräftig)
Quelle: Pressemitteilung des Sozialgerichts Heilbronn vom 4.5.2017