Kasse muss langfristige Blutzuckermessung übernehmen

Kassen verweigern immer wieder häusliche Krankenpflege. Nicht selten mit der Begründung, die beanspruchte Leistung sei in der maßgeblichen Richtlinie nicht vorgesehen. Dabei verkennen die Kassen: Diese Richtlinie ist nicht abschließend! Das zeigt einmal mehr eine aktuelle Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts (Urteil vom 28.2.2019, Az. L 8 KR 443/17): Die Richter haben einem Diabetiker eine Anspruch auf langfristige Blutzuckermessung durch einen Pflegedienst zugesprochen. Der Blutzucker beim Patient war nämlich stark schwankend. Es musste jeweils angepasst Insulin gespritzt werden. Damit war der geistig eingeschränkte Patient aber überfordert. Die Kasse konnte sich nicht damit herausreden, dass diese Variante so nicht in der Richtlinie zur häuslichen Krankenpflege stünde.

Einrichtung schießt Kosten für häusliche Krankenpflege vor: Kasse muss diese trotzdem erstatten!

RA Thorsten Siefarth - LogoEin Mensch mit Behinderung wird in einer stationären Einrichtung der Behindertenhilfe versorgt. Sein Arzt verordnet ihm die Insulingabe im Rahmen der häuslichen Krankenpflege (HKP). Denn: Der Mann ist zur selbst vorgenommenen Injektion nicht in der Lage. Die Kasse verweigert jedoch die Übernahme der HKP. Später stellt sich heraus: Das geschah zu Unrecht. Die Kasse hat deswegen die Kosten nach § 13 Abs. 3 SGB V für den ambulanten Pflegedienst zu erstatten. Das Besondere: Die Einrichtung der Behindertenhilfe hatte die Kosten für den ambulanten Pflegedienst vorgeschossen. Die Kasse wendet deswegen gegen die Kostenerstattung ein, dass die Forderung des Pflegedienstes wegen des Vorschusses erloschen sei. Die Kasse hat in der dritten Instanz ihre Revision allerdings zurückgezogen und ihre Einwände fallen gelassen (4.7.2018, Az. B 3 KR 8/17 R). Damit gilt das zweitinstanzliche Urteil: Die Kasse muss die Kosten erstatten, der Pflegebedürftige kann damit dem Heim den Vorschuss zurückbezahlen.

Kein Anspruch auf Versorgung mit speziellem Blutzuckermessgerät

RA Thorsten Siefarth - LogoEs ging vor dem Bundessozialgericht um die Frage, ob einem Kleinkind ein Anspruch auf die Versorgung mit einem „Continuous Glucosemonitoring System“ (CGMS) zusteht. Das ist ein Gerät, das im Unterhautfettgewebe den Blutzuckerwert kontinuierlich misst. Mit den so ermittelten Werten wird dann eine Insulinpumpe gesteuert. Die obersten Sozialrichter haben die Forderung an die Krankenkasse jedoch abgelehnt. Begründung: Bei dem neuen Gerät handelt es sich um um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 SGB V – und nicht um ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V. Zwar ist die Blutzuckermessung als solche nicht neu, das hier strittige Gerät führt aber zu einer wesentlichen Änderung oder Erweiterung bereits anerkannter oder zugelassener Methoden. Die Konsequenz: Der Gemeinsame Bundesausschuss muss für derartige Geräte erst eine Empfehlung aussprechen (die bislang noch nicht vorliegt). Erst dann ist es zur Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen.