Pflegeheimbewohnerin muss Geschenk nicht von Tochter herausklagen

RA Thorsten Siefarth - LogoDie Bewohnerin eines Pflegeheims hatte ihrer Tochter ein größeres Geschenk gemacht. Später konnte sie nicht mehr die Pflegekosten für das Heim bezahlen. Dennoch: Sie muss Geschenkte nicht von ihrer Tochter herausklagen. Dieses Urteil hat der 16. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster durch Urteil vom 14. Oktober 2008 entschieden.



Tochter pflegt Mutter und erhält Grundstück

Die über 90jährige Klägerin ist pflegebedürftig und wohnt seit Jahren in einem Pflegewohnheim im Kreis Borken. Ihre Tochter kümmert sich als Betreuerin um sie. Rund acht Jahre bevor ihre Mutter in das Pflegeheim umzog, erhielt die Tochter das elterliche Hausgrundstück in vorweggenommener Erbfolge geschenkt. Die Mutter sollte aber bis zu ihrem Tod in dem Haus wohnen bleiben können (lebenslanges Wohnrecht, im Grundbuch eingetragen). Als fest stand, dass die Mutter das Pflegeheim nicht mehr werde verlassen können, verzichtete sie auf das Wohnrecht, und die Tochter verkaufte das elterliche Hausgrundstück.

Sozialhilfeträger will Heimkosten von der Tochter

Die Kosten des Aufenthalts im Pflegeheim sind so hoch, dass die Heimbewohnerin sie nicht vollständig begleichen kann. Der Kreis Borken weigerte sich jedoch, ihr Pflegewohngeld zu zahlen. Er verlangte von der Mutter, zuerst ihre Tochter auf Zahlung von rund 27.000,- EUR zu verklagen. So viel sei das Wohnrecht wert gewesen, auf das sie zugunsten ihrer Tochter verzichtet habe. Dieser Verzicht sei ein Geschenk, das sie zunächst zurückfordern müsse. Die Tochter wandte allerdings ein, dass sie das Haus auf eigene Kosten umfangreich renoviert habe.

Klage für Heimbewohnerin unzumutbar

Das Verwaltungsgericht gab der Heimbewohnerin Recht. Dieses Urteil hat das Oberverwaltungsgericht bestätigt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Ein pflegebedürftiger Heimbewohner muss einen Beschenkten nicht auf Rückgabe des Geschenks verklagen, wenn ihm eine Klage nicht zuzumuten ist. Eine unzumutbare Härte liegt vor, wenn der Beschenkte dem Heimbewohner besonders nahe steht. Der Bewohner eines Pflegewohnheims hat in aller Regel nur noch wenige soziale Kontakte außerhalb des Heims. Besuch erhält er meist nur von seinen Angehörigen oder von engen Freunden. Nicht selten macht er ihnen – auch größere – Geschenke. Müsste er sie verklagen, um das Geschenk zurückzuerhalten und es zur Bezahlung der Heimkosten einzusetzen, bestünde die Gefahr, dass der Heimbewohner und der Beschenkte sich entzweien. Unter der Vereinsamung hätte vor allem der Pflegebedürftige zu leiden. Das will das Landespflegegesetz aber gerade verhindern.

Referenz: Urteil des Oberverwaltungsgeirchts Münster vom 14.10.2008, Az. 16 A 1409/07

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