Expertenanhörung im Bundestag: Viel Uneinigkeit über einheitliche Pflegeausbildung

RA Thorsten Siefarth - LogoDie von der Bundesregierung geplante Ausbildungsreform in den Pflegeberufen wird von vielen Fachleuten zwar grundsätzlich unterstützt. Auch die Einführung eines Pflegestudiums und die Abschaffung des Schulgeldes für die Pflegeausbildung werden an dem Gesetzentwurf positiv hervorgehoben. Die Zusammenführung der bisher drei getrennten Ausbildungen Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege zu einer generalistischen Ausbildung wird jedoch von Fachleuten auch kritisch beurteilt, wie eine öffentliche Expertenanhörung am Montag im Bundestag ergab.



Hier die wesentlichen Kritikpunkte an dem Gesetzentwurf (pdf, 1 MB) im Überblick:

  • Viele Fachverbände halten eine fundierte Bewertung der Novelle jedoch für unmöglich, solange die konkrete Ausbildungs- und Prüfungsverordnung, die noch erarbeitet wird, nicht vorliegt. Das Gesetzgebungsverfahren sollte daher so lange ausgesetzt werden, bis die Verordnung vorliege.
  • Vor allem in der Kinderkrankenpflege wird ein Verlust an Fachkompetenz befürchtet. Die Überschneidungen der Ausbildungsinhalte mit diesem Sektor seien nicht hoch. Eine generalistische Ausbildung würde zudem eine Weiterbildung voraussetzen, die im Gesetzentwurf nicht konzipiert und nicht finanziert sei. Junge Leute würden sich zukünftig nicht mehr für die Kinderkrankenpflege entscheiden.
  • Ähnliches gelte für die Altenpflege: Pflegegeneralisten könnten in einer dreijährigen Ausbildung nicht die gleichen theoretischen und praktischen Kenntnisse erwerben, die heute in den Fachberufsausbildungen vermittelt würden. Es sei ein großer Unterschied, ein Frühchen oder einen dementen Patienten zu pflegen. Die nötigen Nachschulungen kosteten außerdem Zeit und Geld.
  • Ein Verband gab zu bedenken, dass es voraussichtlich 20 Jahre dauern werde, bis rund die Hälfte der Fachkräfte mit neuer Ausbildung tätig sei.

Mehrere Sachverständige erinnerten in der Anhörung daran, dass es in der Pflege letztlich auch darum gehe, die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen so zu verbessern, dass weniger Fachkräfte in andere Berufe abwanderten.

Mitberaten wurden Anträge der Opposition. Die Fraktion Die Linke plädiert in ihrem Antrag (pdf, 201 KB) für eine integrierte Pflegeausbildung innerhalb einer mindestens dreijährigen dualen Ausbildung mit mindestens einjähriger Schwerpunktsetzung in allgemeiner Pflege, Kinderkrankenpflege oder Altenpflege. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in ihrem Antrag (pdf, 181 KB), das Gesetzgebungsverfahren so lange auszusetzen, bis die endgültige detaillierte Ausbildungs- und Prüfungsverordnung vorliegt. Es müsse Zeit bleiben, die Verordnungen in ihren Auswirkungen zu prüfen. Ferner sollte ein Konzept für eine integrative Ausbildung entwickelt werden.

Quelle: heute im bundestag vom 30.5.2016

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