Verfassungsbeschwerde gegen den „Pflegenotstand“ gescheitert

RA Thorsten Siefarth - LogoMit ihrer Verfassungsbeschwerde wollten die Beschwerdeführer auf Missstände in deutschen Pflegeheimen aufmerksam machen. Ihrer Meinung nach sei der Staat weitgehend gesetzgeberisch untätig geblieben und habe dadurch seine Schutzpflichten gegenüber den Bewohnern von Pflegeheimen verletzt. Das Bundesverfassungsgericht gab am Freitag jedoch bekannt, dass es die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen habe. Sie sei unzulässig, weil das Unterlassen des Gesetzgebers und die eigene Betroffenheit „nicht hinreichend substantiiert vorgetragen wurde“.



Weiter Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers

Die Richter führen zunächst an, dass eine Verletzung einer grundrechtlichen Schutzpflicht durch Unterlassen des Gesetzgebers nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden sei. Weder führten die Beschwerdeführer aus, unter welchen Gesichtspunkten die bestehenden landes- und bundesrechtlichen Regelungen zur Qualitätssicherung evident unzureichend sein sollten, noch zeige die Verfassungsbeschwerde substantiiert auf, inwieweit sich eventuelle Defizite in der Versorgung von Pflegebedürftigen in Pflegeheimen durch staatliche normative Maßnahmen effektiv verbessern ließen.

Das Gericht ergänzt, dass sich nur in seltenen Ausnahmefällen der Verfassung konkrete Pflichten entnehmen lassen, die den Gesetzgeber zu einem bestimmten Tätigwerden zwingen. Außerdem bleibe die Umsetzung eines Schutzkonzepts weitgehend dem Gesetzgeber überlassen. Ihm kommt ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu.

Beschwerdeführer nicht selbst betroffen

Außerdem zeige die Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend substantiiert auf, dass die Beschwerdeführer selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihren Grundrechten verletzt sind. Die Möglichkeit der eigenen und gegenwärtigen Betroffenheit sei grundsätzlich erfüllt, wenn der Beschwerdeführer darlegt, dass er mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die auf den angegriffenen Rechtsnormen beruhenden Maßnahmen in seinen Grundrechten berührt wird. Vorliegend sei aber bereits die Notwendigkeit von stationärer Pflege in der Person der Beschwerdeführer nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit gegeben. Hinzu komme, dass Pflegebedürftige gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB XI (Soziale Pflegeversicherung) zwischen den für die Versorgung zugelassenen Pflegeheimen wählen können.

Das Bundesverfassungsgericht weist außerdem darauf hin, dass die Beschwerdeführer gegenüber grundrechtswidrigen Pflegemaßnahmen zunächst um fachgerichtlichen Rechtsschutz ersuchen müssten.

Referenz: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.1.2016, Az. 1 BvR 2980/14

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.2.2016

Hinweis: Bereits am 3.12.2015 hattet das Bundesverfassungsgericht aus ähnlichen Gründen die Verfassungsbeschwerde eines Augsburger Pflegeheimleiters nicht zur Entscheidung angenommen (Az. 1 BvR 2668/14). Ich hatte berichtet.

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