Geschenke annehmen verboten: Auch im ambulanten Pflegedienst?

RA Thorsten Siefarth - LogoWeithin bekannt ist, dass es die Heimgesetze der Bundesländer den Mitarbeitern der stationären Pflegeeinrichtungen grds. verbieten, Geschenke anzunehmen. Wie sieht es aber in ambulanten Pflegediensten aus? Über einen solchen Fall hatte jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zu entscheiden. Es ging um die Geschäftsführerin eines Pflegedienstes, die in einem Erbvertrag als Erbin eingesetzt worden war.



Geschäftsführerin wird Alleinerbin

Die ledige und kinderlose Erblasserin wurde seit Jahren bis zu ihrem Tod von dem ambulanten Pflegedienst der Geschäftsführerin betreut. Die Geschäftsführerin selbst hatte die Erblasserin anlässlich eines Krankenhausaufenthaltes kennengelernt, diese ab dann regelmäßig besucht, gemeinsame Ausflüge unternommen und zweimal in der Woche mit ihr zusammen Mittag gegessen. Knapp ein Jahr vor ihrem Tod schloss die Erblasserin mit der Geschäftsführerin einen notariellen Erbvertrag, mit dem diese als ihre alleinige Erbin eingesetzt wurde. Nach dem Tod der Erblasserin beantragte die Geschäftsführerin auf der Grundlage des Erbvertrages einen Erbschein, der ihr vom Nachlassgericht erteilt wurde. Der Wert des Nachlasses betrug rund 100.000 Euro.

Nachdem das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde ein Bußgeldverfahren gegen die Geschäftsführerin wegen Verstoßes gegen das Verbot in § 7 Hessisches Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen (HGBP) eingeleitet hatte, zog das Nachlassgericht den Erbschein als unrichtig wieder ein. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Geschäftsführerin, die das OLG nunmehr nach Vernehmung mehrerer Zeugen zurückwies.

OLG: Erbvertrag nichtig

Die Richter erläutern: Die Geschäftsführerin sei nicht Alleinerbin geworden, da der Erbvertrag wegen Verstoßes gegen § 7 HGBP unwirksam sei. Die Vorschrift untersage es der Leitung und den Mitarbeitern einer Betreuungs- oder Pflegeeinrichtung, sich von Betreuungs- und Pflegebedürftigen neben der vereinbarten Vergütung Geld oder geldwerte Leistungen für die Pflegeleistungen versprechen oder gewähren zu lassen. Anders als die Vorgängernorm (§ 14 Heimgesetz) erstrecke sich § 7 HGPB nunmehr ausdrücklich auch auf ambulante Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen und deren Leitung. Die Regelung solle verhindern, dass die Hilf- oder Arglosigkeit alter und pflegebedürftiger Menschen in finanzieller Hinsicht ausgenutzt werde und diene auch dazu, ihre Testierfreiheit zu sichern.

Zusammenhang mit Pflegevertrag?

Bei einer Erbeinsetzung – wie hier – liege ein Verstoß allerdings nur dann vor, wenn die Erbeinsetzung im Zusammenhang mit der Erfüllung der Pflichten aus dem Pflegevertrag erfolge. Hierfür bestehe eine gesetzliche Vermutung, die nur durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden könne. Diesen Beweis habe die Geschäftsführerin jedoch nicht erbringen können.

Zwar sei nach der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass zwischen ihr und der Erblasserin eine freundschaftliche und eine über eine Geschäftsbeziehung hinausgehende Bindung vorgelegen habe. Es könne aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass kein Zusammenhang zwischen dem Erbvertrag und den Pflegeleistungen bestanden habe. Eine eindeutige Trennung zwischen dienstlicher und freundschaftlicher Beziehung sei nicht erkennbar und dürfte in der vorliegenden Konstellation praktisch auch nicht möglich sein.

Gerade in Fällen unklarer Beweislage, in denen die Motive und Gründe sowie die Zusammenhänge der Zuwendung offen blieben, müsse das Verbot im Interesse des Schutzes der Testierfreiheit eingreifen.

Mein Tipp: Die Rechtsprechung gilt zunächst einmal nur in Hessen. Allerdings gibt es auch in anderen Bundesländern entsprechende Regelungen in den Landesheimgesetzen. Doch nicht in allen! Es lohnt also ein Blick in das jeweils geltende Gesetz, ob darin das Verbot, Geschenke anzunehmen, auch auf ambulante Pflegedienste erstreckt wird.

Referenz: Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 12.5.2015, Az. 21 W 67/14

Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom

5 Gedanken zu „Geschenke annehmen verboten: Auch im ambulanten Pflegedienst?

  • 12. Oktober 2016 um 14:22 Uhr
    Permalink

    Ich finde diesen Beitrag interessant. Ich wundere mich weshalb die Annahme eines Geschenkes verboten sein sollte.
    Die Pflege im hohen Alter ist unerlässlich.

    Antwort
  • 24. Mai 2017 um 9:33 Uhr
    Permalink

    Traurig dieser Beitrag… Wieso sollte der Wunsch, einem bestimmten Menschen Geld zu hinterlassen, rediviert werden? Es geschah nach der Beendigung der pflegerischen Versorgung. Anders wäre es gewesen, wenn während der pflegerischen Versorgung hohe Beträge an die Geschäftsführung gegangen wären.

    Antwort
  • 4. August 2017 um 0:21 Uhr
    Permalink

    Problem im Saarland !
    Eine Mitarbeiterin eines Pflegedienstes hat Geldgeschäfte unserer Angehörigen an sich gezogen dabei hat sie Überblick über deren Geldvermögen erlangt und anschliesend einen größeren Geldbetrag erjammert . Was ist zu tun ? Wie ist die Rechtslage

    Antwort
    • 29. April 2018 um 19:22 Uhr
      Permalink

      Ich habe ein ähnliches Problem.

      Antwort
  • 20. Januar 2024 um 14:56 Uhr
    Permalink

    Wir wollen einen ambulanten Pflegedienst. Gut zu wissen, was diese auch nutzen dürfen und was Privatbesitz ist. Das muss ich mir merken.

    Antwort

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert