Bundesarbeitsgericht: In der Probezeit ist kein Präventionsverfahren notwendig!

RA Thorsten Siefarth - LogoDer Arbeitgeber muss für Menschen mit einer Schwerbehinderung ein sogenanntes Präventionsverfahren durchführen (§ 84 Abs. 1 SGB IX). Dadurch soll erreicht werden, dass das Arbeitsverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann. Allerdings gilt dieser Schutz nicht in der Probezeit. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 21.4.2016 entschieden (Az. 8 AZR 402/14). Danach liegt keine Diskriminierung vor, wenn der Arbeitgeber einen Mitarbeiter mit Schwerbehinderung in der Probezeit kündigt, ohne dass er das Präventionsverfahren durchgeführt hat.

Urteil: Schwerbehinderteneigenschaft kann auch rückwirkend anerkannt werden

RA Thorsten Siefarth - LogoEin Mensch mit einer Behinderung kann auch im Nachhinein verlangen, dass ein höherer Grad der Behinderung (GdB) anerkannt wird. Das hat das Bayerische Landessozialgericht entschieden (Urteil vom 10.09.2014, Az. L 3 SB 235/13). Allerdings muss der Anspruchsteller ein besonderes Interesse nachweisen können. Das lag hier im Hinblick auf einen Nachteilsausgleich wegen möglicher Steuererstattung vor. Außerdem rechtfertigten die medizinischen Befunde die rückwirkende Feststellung.

Schwerbehindertenausweis in den Bewerbungsunterlagen reicht nicht

RA Thorsten Siefarth - LogoDer Kläger hatte sich auf eine Stelle beworben. Weder im Bewerbungsschreiben noch im Lebenslauf war erkennbar, dass er einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 hatte. Später verlangte der Kläger eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), weil er sich wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt sah. Immerhin hatte er seinen Unterlagen einen Schwerbehindertenausweis beigefügt. Das Bundesarbeitsgericht hat aber nun entschieden (18.9.2014, Az. 8 AZR 759/13), dass dies nur eine „unauffällige Information“ gewesen sei. Dem Kläger half auch nicht, dass er bei einer früheren Bewerbung auf eine andere Stelle (beim gleichen Arbeitgeber) offensiver mit seiner Schwerbehinderung umgegangen war. Ob das Bundesarbeitsgericht da nicht etwas über das Ziel hinausgeschossen ist? Darf man einfach so tun, als ob der Arbeitgeber den Schwerbehindertenausweis in den Bewerbungsunterlagen überblättert?