Auch in der Pflege machen Bewerber um einen Arbeitsplatz immer mal wieder einen „Probetag“. Die Frage war bisher: Muss die gesetzliche Unfallversicherung für Schäden aufkommen, die bei einem solchen „Probetag“ passieren? Das Bundessozialgericht hat das in einer aktuellen Entscheidung bejaht (Urteil vom 20. August 2019, Az. B 2 U 1/18 R). Denn die Bewerber handeln mit dem Willen des Unternehmers und erbringen eine Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert. Das sei einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis so ähnlich, dass der Bewerber als „Wie-Beschäftigter“ gesetzlich unfallversichert sei. Insbesondere dann, wenn der Probearbeitstag es dem Unternehmer ermöglichen soll, eine Auswahl zu treffen.
Bundessozialgericht
Kassen dürfen nicht mit Rabatten für Kochkurse, Klettergärten oder Wellnesseinrichtungen werben
Die AOK Rheinland/Hamburg hat mit Rabatten bei Eintritten in Hallenbäder, Saunen und Wellnesseinrichtungen, Bowlingbahnen, Klettergärten, Film- und Freizeitparks sowie einer Gartenschau geworben. Auch Kochkurse waren im Angebot. Oder die Zugabe eines Fahrradhelms beim Kauf eines E-Bikes. Solche Kooperationen gingen jedoch über die gesetzlich beschriebenen Aufgaben der gesetzlichen Krankenkassen hinaus, entschied das BSG gestern (Az. B 1 KR 16/18 R). Diese Werbung sei unzulässig. Eine Kasse dürfe als Körperschaft des öffentlichen Rechts nur innerhalb ihres gesetzlich bestimmten Aufgabenkreises betätigen. Sie informiere mit den Rabatten aber nicht umfassend und sachlich über die Leistungserbringer, die mit gesetzlich zugelassenen Leistungen von den Versicherten in Anspruch genommen werden können. Die Krankenkasse richte das Augenmerk vielmehr nur auf von ihr ausgesuchte „Vorteilspartner“ und ihre Angebote.
Urteil: Honorarkräfte in stationären Pflegeeinrichtungen sind meist scheinselbständig
Pflegekräfte, die als Honorarpflegekräfte in stationären Pflegeeinrichtungen tätig sind, sind in dieser Tätigkeit regelmäßig nicht als Selbstständige anzusehen, sondern unterliegen als Beschäftigte der Sozialversicherungspflicht. Dies hat das Bundessozialgerichts heute anhand mehrerer Fälle entschieden (Urteil vom 7. Juni 2019, Az. für Leitfall: B 12 R 6/18 R). Unternehmerische Freiheiten sind bei der konkreten Tätigkeit in einer stationären Pflegeeinrichtung kaum denkbar, so das Gericht. Selbstständigkeit kann nur ausnahmsweise angenommen werden. Hierfür müssen gewichtige Indizien sprechen. Bloße Freiräume bei der Aufgabenerledigung, zum Beispiel ein Auswahlrecht der zu pflegenden Personen oder bei der Reihenfolge der einzelnen Pflegemaßnahmen, reichen hierfür nicht.
Bundessozialgericht: Bei Fristversäumnis muss die Kasse zahlen
Wenn die Krankenkassen den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einschalten, müssen sie den Versicherten innerhalb von drei Wochen darüber informieren. Zur Entscheidung haben sie dann fünf Wochen Zeit. Versäumen sie diese Fristen, dann gilt die beantragte Leistung grundsätzlich als genehmigt. Gestern hat das Bundessozialgericht diese „Genehmigungsfiktion“ in mehreren Fällen für Arzneimittel und für die Liposuktion (Fettabsaugung) bestätigt. Die Kassen müssen wegen Fristversäumnis die Kosten für Original-Arzneimittel tragen. Sie dürfen nicht auf Generika verweisen oder sich auf den jeweiligen Festbetrag beschränken. Die Versicherten hätten nicht davon ausgehen müssen, dass die Krankenkassen die Kosten ohnehin nicht übernähmen. Denn sie hatten einen „atypischen Ausnahmefall“ geltend gemacht.
Behandlung eingewachsener Zehennägel: Kosten für Podologen werden nicht erstattet
Eine Patientin aus Berlin fand weit und breit keinen Arzt, der ihr einen eingewachsenen Zehennagel behandeln wollte. Also beauftragte sie einen Podologen mit der Nagelkorrekturbehandlung (Orthonyxiebehandlung). Die Kosten wollte sie von ihrer gesetzlichen Krankenversicherung erstattet haben. Das Bundessozialgericht lehnte jedoch ab (Urteil vom 18.12.2018, Az. B 1 KR 34/17 R). Die Klägerin habe lediglich Anspruch auf (vertrags-)ärztliche Behandlung. Auch wenn die Patientin keine Vertragsärzte finden konnte, begründe das keinen Anspruch auf Verschaffung einer Behandlung durch einen Nichtarzt. Mein Hinweis: Allenfalls beim diabetischen Fußsyndrom bekommen Podologen die Kosten der medizinischen Behandlungspflege von der Kasse bezahlt. In allen anderen Fällen müssen die Patienten die Leistung aus dem eigenen Portemonnaie bezahlen.
Bundessozialgericht: Bei freiwilliger Krankenversicherung ist Beitrag auf gesamte Sofortrente fällig
Eine Frau schloss 2007 einen Vertrag über eine Sofortrente ab. Sie bezahlte eine größere Summe und erhielt dafür ab sofort eine monatliche Rentenzahlung. Auf diese Zahlungen musste sie als freiwillig Krankenversicherte auch Beiträge zur Krankenversicherung zahlen. Das ist unstreitig. Nun ging es darum, ob sie das nur für den Ertragsanteil der monatlichen Rente oder für den gesamten Betrag tun muss. Das Bundessozialgericht hat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und kürzlich entschieden: Sie muss für die gesamte monatliche Rentenzahlung ihre Krankenkassenbeiträge entrichten (Beschluss vom 15.8.2018, Az. B 12 R 5/17 R).