Einigung auf Tarifvertrag Altenpflege: Wird dieser nun allgemeinverbindlich?

Alter Mensche mit Rollator und Geldbörse

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) haben sich auf den endgültigen Inhalt des Tarifvertrags über Mindestbedingungen in der Altenpflege verständigt. Die Mindestentgelte für alle Pflegepersonen in der Altenpflege steigen demnach im Vergleich zum aktuell geltenden Pflegemindestlohn in vier Schritten deutlich an. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat bislang bekundet, er will diesen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklären. Dazu gibt es heftigen Streit.



Mindestens 3.180 Euro für Pflegefachpersonen

Im Einzelnen sieht der Tarifvertrag vor, die Mindeststundenentgelte für alle Pflegepersonen in der Altenpflege im Vergleich zum aktuell geltenden Pflegemindestlohn in vier Schritten – beginnend ab dem 1. August 2021 – deutlich zu erhöhen und die Schlechterstellung der Beschäftigten in Ostdeutschland vorzeitig zu beenden:

  • Pflegehelferinnen und Pflegehelfer erhalten demnach ab dem 1. August 2021 ein Entgelt von mindestens 12,40 Euro pro Stunde, ab dem 1. Januar 2022 mindestens 13,80 Euro, ab dem 1. Januar 2023 mindestens 14,15 Euro und ab dem 1. Juni 2023 mindestens 14,40 Euro.
  • Pflegehelferinnen und Pflegehelfer mit mindestens einjähriger Ausbildung bekommen ab dem 1. August 2021 mindestens 13,10 Euro pro Stunde; ihre Mindeststundenentgelte erhöhen sich ab 1. Januar 2022 auf
  • 14,50 Euro, ab 1. Januar 2023 auf 15,00 Euro und ab 1. Juni 2023 auf 15,25 Euro.
  • Die Mindeststundenentgelte für examinierte Pflegefachpersonen liegen demnach ab 1. August 2021 bei 16,10 Euro, ab 1. Januar 2022 bei 17,00 Euro, ab 1. Januar 2023 bei 18,50 Euro und ab 1. Juni 2023 bei 18,75 Euro.

Das entspricht einer Steigerung gegenüber dem bisherigen Pflegemindestlohn von insgesamt 25 Prozent. Im Juni 2023 werden bei einer 39-Stunden-Woche dann mindestens folgende Monatsgehälter gezahlt: 2.440,00 Euro für Pflegehelferinnen und Pflegehelfer, 2.585,00 Euro für Pflegehelferinnen und Pflegehelfer mit mindestens einjähriger Ausbildung und 3.180 Euro für Pflegefachpersonen.

Pflegepersonen in der Altenpflege haben zudem künftig Anspruch auf mindestens 28 Urlaubstage pro Jahr und ein zusätzliches Urlaubsgeld von mindestens 500,00 Euro.

Der Tarifvertrag regelt Mindestbedingungen in der Altenpflege; bessere Regelungen bleiben davon unberührt und sind auch weiterhin möglich.

Scharfe Kritik von Arbeitgeberverbänden

Verdi und BVAP wollen den Tarifabschluss vom Bundesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklären lassen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte bereits 2020 angekündigt, das zu unterstützen. Zum 1. August 2021 soll die Allgemeinverbindlichkeitserklärung wirksam werden.

Allerdings reagieren Teile der Arbeitgeber mit scharfer Kritik. Der Arbeitgeberverband Pflege hat bereits angekündigt, gegen den Tarifvertrag zu klagen. Begründung des Verbands: Der BVAP repräsentiere nur 70.000 der ca. 1,1 Mio. Altenpflegepersonen in Deutschland. Das seien weniger als 3 Prozent. Außerdem sei die Gewerkschaft Verdi in der Altenpflege so gut wie nicht existent. Der Arbeitgeberverband Pflege hält „maßgeschneiderte Tarife nach Ort und Lage“ für besser.

Ganz ähnlich sieht das der Arbeitgeberverband des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste. Sein Präsident Rainer Brüderle kommentiert: Es handele sich um einen „Tarifvertrag von Miniminderheiten mit Praxisferne“.

Update (6. März 2021): Die arbeitsrechtliche Kommission der Caritas hat den Tarifvertrag über Mindestbedingungen in der Altenpflege abgelehnt (25. Februar 2021), die Diakonie hat das Thema daraufhin mangels Erfolgsaussicht von der Tagesordnung genommen (26. Februar 2021). Damit ist es unmöglich, dass der Bundesarbeitsminister den Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt. Über diese Entwicklung gibt es viel Unmut. Selbst der Präsident des Deutschen Caritasverbandes äußert sich zum Beschluss der (unabhängigen) arbeitsrechtliche Kommission kritisch (s. Pressemitteilung). Ebenso wie katholische Sozialethiker und Sozialethikerinnen in einer Erklärung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert