Widerspruch gegen einen sozialrechtlichen Bescheid per E-Mail? Besser nicht!

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat am 4. November 2021 entschieden (Az. L 11 AS 632/20): Durch eine einfache E-Mail wird die gesetzlich vorgeschriebene Form für einen Widerspruch nicht gewahrt. Erforderlich ist die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur, ein Versand gemäß § 5 De-Mail-Gesetz oder die Übermittlung in einem sogenannten „sicheren Verfahren“. In der Praxis akzeptieren hingegen z.B. viele Kranken- und Pflegekassen einen Widerspruch per einfacher E-Mail. Wer aber auf Nummer sicher gehen will, der sollte den Widerspruch per Einwurf-Einschreiben versenden. Am besten mit einem Zeugen beim Eintüten. Oder per Fax. Dabei unbedingt den Sendebericht archivieren. Hier gibt es das Urteil im Volltext.

Kostenloser Artikel des Monats: Fehler der Kassen bei Widersprüchen – Sechs Tipps!

RA Thorsten Siefarth - LogoViele Kassen werden vom Bundesversicherungsamt kontrolliert. Dabei werden auch Mängel beim Umgang mit Widersprüchen moniert. Aus dem Mängelbericht der Kassenaufsicht habe ich sechs neue Tipps herausgearbeitet. Die können Sie nachlesen in meinem Artikel des Monats April (kostenloser Download, pdf, 1 MB).

Widerspruch gegen Ablehnungsbescheid: So berechnen Sie die Frist richtig!

RA Thorsten Siefarth - LogoImmer wieder landen bei mir Widersprüche gegen ablehnende Bescheide der Kassen auf dem Tisch – die verfristet sind! Wie lässt sich das vermeiden? Zunächst ist wichtig: Die Frist beträgt nach § 84 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes einen Monat – nicht nur vier Wochen. Fehlt eine Rechtsbehelfsbelehrung, dann beträgt die Frist sogar ein Jahr. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Bescheides. Das Gesetz geht davon aus, dass dies drei Tage nach Aufgabe zur Post der Fall ist (Poststempel!). Nicht entscheidend ist also das Datum, an dem der Bescheid verfasst wurde. Geht der Bescheid nun aber später zu, dann gilt grundsätzlich das spätere Datum (§ 41 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz). Beispiel: Die Krankenkasse lehnt mit Bescheid von heute, 30.10.2018, einen Antrag ab und gibt ihn am 2.11.2018 zur Post. Der Bescheid trifft am 7.11.2018 beim Versicherten ein. Die Widerspruchsfrist beginnt nicht am 2.11.2018 plus 3 Tage = 5.11.2018 zu laufen, sondern erst am 7.11.2018.

Kasse trödelt und muss zahlen – in diesem Fall dann aber doch nicht!

RA Thorsten Siefarth - LogoEin etwas skurriler Fall: Eine Frau will Leistungen von ihrer Krankenkasse und stellt einen Antrag. Soweit nichts Ungewöhnliches. Allerdings hat sie den Antrag bei einem deutschen Konsulat an ihrem Urlaubsort auf der britischen Insel Jersey eingeworfen. Das ist grundsätzlich sogar möglich (siehe § 16 SGB I). Nun gibt es allerdings Bearbeitungsfristen für die Kassen (siehe § 13 Abs. 3a SGB V). Hält eine Kasse diese nicht ein, so ist sie per Gesetz verpflichtet, die Leistung zu gewähren. In einem gerichtlichen Eilverfahren hat die Frau aber erst einmal nicht Recht bekommen. Die Richter waren der Ansicht, dass dieses Vorgehen an Rechtsmissbrauch grenze. Denn die Frau hatte gegen den bereits zuvor gestellten, gleichlautenden und abgelehnten Antrag Widerspruch eingelegt. Über diesen war aber noch nicht entschieden worden. Die Richter ließen es der Frau also nicht durchgehen, die Kassenleistung quasi „auf der Überholspur“ einzusammeln (Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 30.8.2018, Az. L 16 KR 362/18 B ER)