Bundesgerichtshof stärkt Rechte der Betreuten

Ein Betreuungsgericht kann anordnen, dass der Betreuer in die Willenserklärung des Betreuten einwilligen muss (§ 1903 BGB). Einen solchen Einwilligungsvorbehalt darf das Gericht jedoch nur dann beschließen, wenn dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr erforderlich ist. Meist geht es um Vermögensgefährdungen. Nun hat der Bundesgerichtshof entschieden (30. Juni 2021, Az. XII ZB 73/21): Das Betreuungsgericht darf sich die Entscheidung nicht zu leicht machen. Es muss konkrete Feststellungen treffen und auch deutlich ausführen, warum überhaupt Handlungsbedarf besteht. Allein dass es um ein großes Vermögen geht, reicht jedenfalls nicht aus. Mehr Infos gibt es bei beck-aktuell.

 

Änderungen im Betreuungsrecht: Bundesregierung startet Diskussionsprozess

RA Thorsten Siefarth - LogoZur heutigen Auftaktsitzung eines interdisziplinär besetzten Plenums hatte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) rund 80 Expertinnen und Experten eingeladen. Ziel des Prozesses ist es, durch Änderungen im Betreuungsrecht die Qualität der rechtlichen Betreuung sicherzustellen, insbesondere soll das Selbstbestimmungsrecht gestärkt werden. Außerdem will die Regierung sicherstellen, dass rechtliche Betreuung wirklich nur angeordnet wird, wenn sie zum Schutz der Betroffenen erforderlich ist. Das BMJV wird Ende 2019 in der abschließenden Plenumssitzung Bilanz ziehen und dann entscheiden, welche Gesetzgebungsvorschläge es auf den Weg bringen wird. Die Frage der Vergütung von Berufsbetreuern soll – dem Koalitionsvertrag entsprechend – allerdings möglichst zeitnah angegangen werden.

Rechtliche Vertretung des Ehepartners im Pflegefall: In Zukunft kraft Gesetzes?

RA Thorsten Siefarth - LogoSo mancher denkt, er sei für seinen Ehepartner oder den Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft vertretungsberechtigt. Quasi automatisch. Dem ist aber nicht so! Vielmehr bedarf es einer expliziten Bevollmächtigung. Fehlt diese, so kann es gerade im Pflegefall zu Problemen führen. Nun will nach verschienen Medienberichten Nordrhein-Westfalen eine Reform des Betreuungsrechts auf den Weg bringen. Danach soll eine automatische gesetzliche Vertretungsmacht für Ehegatten, bzw. eingetragene Lebenspartner eingeführt werden. Verfassungsrechtlich ist das schwierig, denn eine Bevollmächtigung ist eine sehr persönliche Angelegenheiten. Soll es zukünftig z.B. bei Entscheidungen über Vermögenswerte oder über lebensbegrenzende Maßnahme ohne eine ausdrückliche Ermächtigung eines anderen gehen?

Urteil des Bundesgerichtshof zum Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen

RA Thorsten Siefarth - LogoDer Bundesgerichtshof (BGH) hatte die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen ein Betreuungsgericht den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen genehmigen muss. Insbesondere ging es um die Frage, ob strengere Beweisanforderungen für die Feststellung des mutmaßlichen Patientenwillens gelten, wenn der Tod nicht unmittelbar bevorsteht. Der BGH hat dies verneint (17.9.2014, Az. XII ZB 202/13). Ob der Tod unmittelbar bevosteht oder nicht (wie bei der Wachkomapatientin, um die es letztlich ging), macht keinen Unterschied für die Ermittlung des Patientenwillens. Es muss von dem Landgericht, an das die Sache zurückverwiesen wurde, nun erneut geprüft werden, welche Behandlungswünsche die Betroffene tatsächlich hatte.