Private Krankenversicherung muss nicht für Behandlung von Alterssichtigkeit zahlen

RA Thorsten Siefarth - LogoDie Kosten für die augenärztliche Behandlung von Alterssichtigkeit müssen nicht von der Versicherung erstattet werden. Alterssichtigkeit ist nach einem soeben veröffentlichten Urteil des Amtsgerichts München keine Krankheit.



Kasse erstattete nur Kosten für Einstärkenlinsen

Der 54-Jährige Kläger aus dem Landkreis München ist privat krankenversichert. Er litt an Grauem Star, an Kurzsichtigkeit in Kombination mit einer Stabsichtigkeit (Hornhautverkrümmung) und an der sogenannten Alterssichtigkeit. Deshalb begab er sich Anfang 2012 in München in augenärztliche Behandlung. Am 27.6.12 und am 3.7.12 ließ er an beiden Augen einen operativen Eingriff vornehmen. Dabei wurde in beide Augen jeweils eine torische Multifokallinse zum Preis von je 963 Euro eingesetzt. Durch die Behandlung wurde die Fehlsichtigkeit des Klägers vollständig geheilt.

Die Krankenversicherung erstattete jedoch nur die Kosten für sogenannte Einstärkenlinsen in Höhe von jeweils 200 Euro. Sie behauptet, die darüber hinausgehende Behandlung sei medizinisch nicht notwendig gewesen. Einstärkenlinsen oder Monofokale Linsen können einen einfachen Sehfehler ohne Hornhautverkrümmung ausgleichen.

Der Kläger erhob Klage vor dem Amtsgericht München gegen seine Krankenversicherung unter anderem mit dem Ziel, die Kosten für die torischen Multifokallinsen erstattet zu bekommen. Mit torischen Multifokallinsen kann nicht nur ein sphärischer und astigmatischer Sehfehler korrigiert werden, sondern zusätzlich auch die durch das Altern entstandene Leseschwäche ausgeglichen werden.

Nur Anspruch auf Heilbehandlung wegen Krankheit

Das Gericht hat Beweis erhoben durch ein Sachverständigengutachten und dem Kläger einen Teilbetrag in Höhe von 338 Euro für torische Intraokularlinsen zugesprochen. Diese Linsen können neben dem sphärischen Refraktionsdefizit auch noch eine Hornhautverkrümmung ausgleichen.

Das Gericht stellte fest, dass aufgrund des Versicherungsvertrages der Kläger nur einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für eine medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit hat.

Eine Heilbehandlungsmaßnahme ist dann medizinisch notwendig, wenn sie nach den medizinischen Befunden im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar ist. Dies ist dann der Fall, wenn eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung steht, die die Krankheit heilen, bessern oder lindern kann. Sie muss nicht sicher zum Erfolg führen.

Eine Krankheit liegt nach dem Versicherungsvertrag vor, wenn nach ärztlichem Urteil ein anormaler, regelwidriger Körper- oder Geisteszustand besteht.

Alterssichtikeit kein „regelwidriger Zustand“

Auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens stellt das Gericht fest, dass die Alterssichtigkeit keinesfalls ein regelwidriger Zustand ist. Vielmehr gehöre die Entwicklung einer Alterssichtigkeit zum natürlichen Alterungsprozess des Menschen, die erstmals im 4. Lebensjahrzehnt auftrete und mit dem Ende des 5. Lebensjahrzehnts ihre maximale Ausprägung erreiche. Somit ist die Alterssichtigkeit eine physiologische und damit nicht krankhafte Veränderung des menschlichen Auges.

Erstattungsfähig nach dem Gerichtsurteil waren daher allein torische Intraokularlinsen, da deren Implantation die Krankheit des grauen Stars und des Refraktionsdefizits beheben konnte. Und damit medizinisch notwendig war. Eine Implantation einer Monofokallinse, wie es von der Versicherung als ausreichend angesehen wurde, in Kombination mit einer Brille wäre nach Überzeugung des Gerichts nicht ausreichend gewesen, da hierdurch die Krankheit nicht geheilt worden wäre.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Referenz: Urteil des Amtsgerichts München vom 27.12.2013, Az. 121 C 27553/12

Quelle: Pressemitteilung des Amtsgerichts München vom 21.11.2014

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