Pflegekammer in Nordrhein-Westfalen: Anhörung im Landtag

RA Thorsten Siefarth - LogoIn einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales haben sich am Mittwoch Sachverständige zur möglichen Einrichtung einer Pflegekammer in NRW geäußert. Nach Ansicht der CDU-Fraktion ist sie als Interessenvertretung für die rund 185.000 Beschäftigten in Pflegeberufen dringend erforderlich. Die Fraktionen von SPD und GRÜNEN sind zurückhaltender, wollen die Interessenvertretung der Pflegekräfte aber ebenfalls stärken. In der Anhörung äußerten sich Befürworter und Gegner einer Pflegekammer.



„Interessen der Pflegekräfte bündeln“

Die Qualität der Pflege werde von Politik und Kostenträgern definiert und von Pflegeeinrichtungen umgesetzt, ohne dass die Pflegenden in diesen Prozess eingebunden seien, schreibt die CDU-Fraktion in ihrem Antrag („Stärkung und Aufwertung der Pflege durch mehr Selbstverwaltung – Nordrhein-Westfalen braucht eine Pflegekammer“). Nur in einer Pflegekammer, in der alle Fachkräfte vertreten seien, könnten die Interessen dieser Berufsgruppe „sinnvoll gebündelt und kommuniziert werden“. Die Landesregierung solle alle dafür erforderlichen rechtlichen Schritte einleiten.

„Wichtige Ziele“

SPD und GRÜNE weisen in ihrem Entschließungsantrag „Pflege stärken: Attraktivität steigern – Pflegevertretung verbessern“ darauf hin, dass eine vom Landtag in der 13. Wahlperiode eingesetzte Enquetekommission aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken von der Einrichtung einer Pflegekammer abgeraten habe. Allerdings sei es sinnvoll, erneut einen Diskussionsprozess in Gang zu setzen. Die Stärkung der Interessenvertretung der Pflegekräfte sowie die Verbesserung der finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen seien wichtige Ziele, die der Landtag verfolge.

„Pflegebedürftige profitieren“

Die Kammer sei nötig, um eine qualitativ hochwertige pflegerische Versorgung sicherzustellen, erklärten die Befürworter, unter ihnen der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe und der Pflegerat NRW. Von der Einrichtung profitierten vor allem pflegebedürftige Menschen. Die Kammer könne steuernd auf Fort- und Weiterbildungen einwirken, so die Deutsche Gesellschaft zur Fachkrankenpflege. Außerdem schütze sie vor unzureichend qualifiziertem Personal und werde dazu beitragen, die Attraktivität der Pflegeberufe zu steigern. Prof. Dr. Frank Weidner (Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung) hielt eine Heilberufskammer mit Pflichtmitgliedschaft für verfassungsrechtlich unbedenklich. In Rheinland-Pfalz sei eine solche Kammer bereits eingerichtet worden.

„Pflege braucht mehr Personal“

Andere Sachverständige rieten von einer Pflegekammer ab. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste warnte vor dem bürokratischen Aufwand und sprach von einer „völlig überflüssigen Quasi-Behörde“. Der Pflege-Selbsthilfeverband sah „weder einen Nutzen für Pflegebedürftige noch für pflegende Angehörige, die gegenwärtig etwa 70 Prozent der Pflegearbeit schultern“. Für typische Aufgaben einer Pflegekammer wie Qualitätssicherung sowie Förderung der Aus-, Fort- und Weiterbildung gebe es bereits bundes- oder landesgesetzliche Regelungen, befand die AOK. Pflege brauche keine Kammer, sondern mehr Personal, ausreichend Refinanzierung und bessere Arbeitsbedingungen, so die Gewerkschaft Verdi. Ein weiterer Kritikpunkt: Eine Kammer richte sich nur an Fachkräfte. Hilfskräfte blieben außen vor.

Die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in NRW empfahl, die Erfahrungen anderer Bundesländer zu prüfen und auszuwerten.

Link: Eine Übersicht über sämtliche Stellungnahmen gibt es hier.

Quelle: Pressemitteilung des Landtags von Nordrhein-Westfalen vom 26.10.2016

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