Urteile zur Sterbehilfe: Dürfen Helfer den Suizid jetzt bis zum Tod begleiten?

RA Thorsten Siefarth - LogoZwei Ärzte aus Berlin und Hamburg hatten suizidwillige Personen bei der Selbsttötung begleitet. In der zweiten Instanz wurden sie bereits freigesprochen: Kein Tötungsdelikt, keine unterlassene Hilfeleistung. Diese Freisprüche hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun gestern bestätigt (Urteile vom 3. Juli 2019, Az. 5 StR 132/18 und 5 StR 393/18). Entscheidend sei, dass sich die Suizidentinnen freiverantwortlich zur Selbsttötung entschieden hatten. Dann müsse ein Arzt, wenn er bei dem Suizid anwesend ist, diesen Willen respektieren und dürfe keine „Rettungsmaßnahmen“ ergreifen. Es liegt also kein strafbares Unterlassen vor. Das Urteil des BGH ist deswegen spektakulär, da es über viele Jahrzehnte eine andere Rechtsprechung gab. Was dazu geführt hat, dass Angehörige zwar (straflose!) Beihilfe zum Suizid leisten durften, sich vom Suizidenten dann aber entfernen musste, wenn dieser zur Tat geschritten ist. Das dürfte nach dieser Rechtsprechung nun anders zu beurteilen sein.

Falsche Medikamente gegeben: Drei Altenpflegerinnen wegen versuchten Mordes verurteilt

Es geschah am 7. Mai 2016 in einem Seniorenheim im Landkreis Dingolfing-Lindau. Eine Altenpflegerin hatte einem Bewohner versehentlich ein falsches Medikament gegeben. Eine Mitbewohnerin hatte den Fehler wenige Minuten später entdeckt und die Pflegekräfte informiert. Doch diese, zwei Altenpflegerinnen und deren Vorgesetzte, haben versucht, den Vorfall zu vertuschen. Einen Arzt haben sie nicht informiert. Der Bewohner verstarb einige Wochen später. Im Strafprozess konnte der Zusammenhang zwischen falscher Medikation und dem Tod des Bewohners nicht zweifelsfrei geklärt werden. So wurden die drei Pflegekräfte nicht wegen vollendeten, sondern lediglich wegen versuchten Mordes (durch Unterlassen) verurteilt. Um Mord ging es deswegen, weil mit dem Vertuschen das Mordmerkmal „zur Verdeckung einer anderen Straftat“ erfüllt war. Die vorgesetzte Pflegekraft muss nun für zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Sie war nach Ansicht des Gerichts die „Impulsgeberin“. Gegen die beiden anderen wurden Bewährungsstrafen verhängt. Das Urteil des Landgerichts Landshut vom 21. Mai 2019 ist noch nicht rechtskräftig.

Pflegekräfte als Zeugen: Gibt es jetzt eine Aussagepflicht bei der Polizei?

RA Thorsten Siefarth - LogoBislang habe ich immer behauptet, Zeugen müssten gegenüber der Polizei nur Angaben zur Person (Namen, Geburtsdatum etc.), niemals zur Sache machen. Nun gilt seit ca. einem Jahr aber folgender Passus in § 163 Abs. 3 der Strafprozessordnung: „Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft [gemeint ist die Polizei] zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt“. Doch Achtung: Eine Aussagepflicht besteht nur, wenn „ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt“. Und das ist eher selten der Fall. Also: Wollen Sie sich nicht überrumpeln lassen, so verlangen Sie von der Polizei zunächst einen Nachweis über den staatsanwaltschaftlichen Auftrag. Übrigens: Auch nach dem neuen Recht darf man Sie bei einer Aussageverweigerung (ob berechtigt oder unberechtigt) nicht einfach auf die Wache mitnehmen – oder gar einsperren. Sie haben also Zeit zum Überlegen. Außerdem haben Sie immer das Recht, einen Zeugenbeistand, also z. B. einen Rechtsanwalt zu konsultieren.

Bayern will Bekämpfungsmaßnahmen gegen Betrug im Gesundheitswesen verstärken

RA Thorsten Siefarth - LogoDer bayerische Innenminister Joachim Herrmann und Justizminister Winfried Bausback wollen den Kampf gegen Betrug im Gesundheitswesen verstärken. Bei der Bayerischen Polizei sollen die Ermittlungen in jedem Polizeipräsidium bei einem Wirtschaftskommissariat konzentriert werden. Gemeinsam mit den seit 2014 bestehenden drei Schwerpunktstaatsanwaltschaften sollen Straftäter im Gesundheitswesen dadurch effektiver verfolgt werden. Durch die Konzentration bei der Polizei wird sich die Zahl der organisatorischen Ansprechpartner bei den Staatsanwaltschaften von 30 auf zehn reduzieren. Die Anzahl der polizeilichen Sachbearbeiter soll jedoch nicht verringert werden.