Arbeitsaufgabe zur Pflege eines nahen Angehörigen: Sperrzeit beim Arbeitslosengeld?

Schild Bundesagentur für Arbeit

Eine Frau hatte ihr Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet. Hintergrund: Sie wollte zu ihrer 950 km entfernt wohnenden Mutter ziehen, um diese pflegerisch zu versorgen. Die Bundesagentur für Arbeit hat ihr dafür eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld aufgebrummt. Denn sie habe durch den Aufhebungsvertrag an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses mitgewirkt. Das Sozialgericht Karlsruhe gab der Arbeitsagentur recht.



Pflege kann ein „wichtiger Grund“ sein

Zunächst einmal halten die Sozialrichter fest: Ein wichtiger Grund für die Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses kann durchaus mit persönlichen Bindungen begründet werden. Dazu kann auch die Pflege eines nahen Angehörigen zählen.

Allerdings sind dazu die tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen. Hier also der Gesundheitszustand der Mutter sowie der notwendige Pflegeaufwand. Aber auch die Bemühungen der Tochter um anderweitige Unterstützungsleistungen.

Es gab nicht genutzte Optionen

Als problematisch sahen es die Richter an, dass ein Pflegegrad der Mutter zum Zeitpunkt der Arbeitsaufgabe der Tochter noch nicht anerkannt war. Der Pflegegrad sei noch nicht einmal beantragt gewesen.

Außerdem sei in solchen Fällen zu prüfen, ob ein Umzug der Pflegeperson (mit der Folge der Arbeitsaufgabe) „erforderlich“ gewesen sei. Dabei müsse berücksichtigt werden, ob anderweitige Lösungsmöglichkeiten angemessen und zumutbar sind. Zum Beispiel durch ambulante oder stationäre Pflegeangebote. Oder auch durch Pflegeleistungen von Angehörigen, Bekannten oder Freunden. Dazu hatte die Tochter im Prozess selbst angegeben, dass es noch anderweitige Option gegeben hätte. Diese seien von ihr aber nicht angestrengt worden. Da half es der Tochter dann wenig, dass das Gericht durchaus anerkannt hat, dass sich die Tochter aus moralischen Gründen selbst um ihre Mutter kümmern wollte. Es seien aber durchaus anderweitige Unterstützungsleistungen möglich gewesen.

Besondere Härte bejaht

Aufgrund der Gesamtumstände hatte die Bundesagentur immerhin die Sperrzeit von zwölf auf sechs Wochen reduziert. Weil eine besondere Härte vorlag. Das hielten die Karlsruher Richter für durchaus angemessen und haben die Sperrzeit der Bundesagentur damit aufrechterhalten.

Referenz: Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Juni 2019, Az. 11 AL 1152/19

Quelle: Pressemitteilung des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. November 2019

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